1883 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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38. Die Sternthaler.
38. Die Sterntlialer.
(Märchen.)
Es war einmal ein kleines Mädchen, dem war Vater und Mutter
gestorben, und es war so arm, dass es kein Kämmerchen mehr hatte,
darin zu wohnen, und kein Bettchen mehr, darin zu schlafen, und
endlich gar nichts mehr, als die Kleider auf dem Leib und ein Stück-
chen Brot in der Hand, das ihm ein mitleidiges Herz geschenkt hatte.
Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen
war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld; da
begegnete ihm ein armer Mann, der sprach: „Ach, gieb mir etwas zu
essen, ich bin so hungrig!“ Es reichte ihm das ganze Stückchen Brot
und sagte: „Gott segne dir’s!“ und ging weiter. Da kam ein Kind,
das jammerte und sprach: „Es friert mich so an meinem Kopf, schenk’
mir etwas, womit ich ihn bedecken kann!“ Da that es seine Mütze
ab und gab sie ihm. Und als es noch eine Weile gegangen war, kam
wieder ein Kind und hatte kein Leibchen an und fror, da gab es ihm
seins; und noch weiter, da bat eins um ein Böcklein, das gab es auch
von sich hin. Endlich gelangte es in einen Wald, und es war schon
dunkel geworden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und
das fromme Mädchen dachte: „Es ist dunkle Nacht, da sieht dich
niemand, du kannst wohl dein Hemd weggeben;“ und gab es auch
noch hin. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf
einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter harte, blanke Thaler;
und ob es gleich sein Hemdlein weggegeben, so hatte es ein neues
an, und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die
Thaler hinein und war reich für sein Lebtag. m. Grimm.
39.
1. ider Müller schlägt's,
das Wasser trägt's,
die Flamme zehrt's,
dein Froste wehrt's,
der Krämer wiegfs,
das Mäuschen riecht's.
Zwei Rätsel.
2. Zwei Väter, zwei Söhne zogen aus.
Was brachten sie von der Jagd nach Haus?
Drei Hasen, davon einen ganzen
trug jeder Jäger in seinem Ranzen.
Nun sage du:
Wie ging das zu?
40. Frau Holle.
(Märchen.)
/i^ine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die
w andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie
ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit thun
und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen mußte sich täglich
auf die große Straße neben einen Brunnen setzen und mußte so viel spinnen,
daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die
Spule einmal ganz blutig war; da bückte es sich damit iu den Brunnen und