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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 213

1883 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt. 213 hoher Ruhm, und die größte Kriegsehre sahen sie darin, mit der Faust die Stärksten erlegt zu haben. Daher beseelte sie ein stolzes Unabhängigkeitsgefühl: niemandem zu gehorchen, keines andern zu bedürfen, ganz ans sich allein ange- wiesen zu sein/ war ihnen die größte Lebensfreude. Namentlich im Norden mieden sie es deshalb, gesellig in Dörfern zu wohnen; am liebsten hauste jede Familie für sich auf dem einsamen Gehöft, umgeben von ihren Wiesen, Äckern und Wäldern. Wo sie aber, wie es weiter im Süden mannigfach vorkam, in Dörfern wohnten, da besaß jeder Grundbesitzer als freies Eigentum nur Haus, Hof, den umzäunten Garten und seine Herde, dagegen waren Wald, Weide und Ackerflur Eigentum der ganzen Dorfgemeinde, und der einzelne hatte nur das Recht, in Gemeinschaft mit seinen Flurgenossen sie zu benutzen. Aber dies Recht ward auch mit der größten Eifersucht gegen die Übergriffe anderer verteidigt; keiner sollte sich über die anderen erheben, und selbst der gewählte Häuptling war nur insofern hinsichtlich des Lebensunterhaltes bevorzugt, als ihm freiwillig Geschenke dargebracht wurden. Auf dieselbe Gleichheit der Rechte hielten die deutschen Bauern in der Volksversammlung, vor Gericht und int Heer. Nur die Gesamtheit der Gleichberechtigten gab Gesetze und fällte richterliche Urteile. Könige duldeten sie in der Regel nicht über sich, aber im Fall eines Krieges wählten die Stammgenossen einen Heerführer oder Herzog; nur dann, wenn der Hochmut und Unabhängigkeitssinn der Häuptlinge viele innere Fehden erregt und dadurch einen Stamm geschwächt hatte, setzten sie ein mächtiges und erlauch- tes Geschlecht zu fester und dauernder Herrschaft ein, um den Übermut der Großen im Zaum zu halten. Bonaltersher sahen die Deutschen im Ackerbau eine ehrenvolle Beschäf- tigung; dabei waren sie mit den einfachsten Handwerken nicht unbekannt, aber jeder Bauer verfertigte selbst seine Pflugschar und zimmerte selbst das Gebälk seines Hauses, und die Hausfrau spann und wob das einfache wollene Wams ihres Mannes, dem das Fell des von ihm erlegten Bären ein stattlicherer Schmuck war. Erst später, als man auf den häufigen Kriegszügen Gefangene machte und sich so die Zahl der Unfreien oder Knechte mehrte, denen man die Arbeit zu überlassen anfing, sank dieselbe mehr und mehr in der Achtung, und die Freien ruhten gern auf der Bärenhaut, wenn sie von Jagd- und Kriegs- zügen feierten. Denn ihre liebste Beschäftigung war von jeher diejenige, welche die meisten Gefahren bot und die stärkste Manneskraft erforderte. Mit Begeisterung stürzten sie sich daher selbst in den Kampf, und mit Begeisterung sangen sie von den Heldenthaten ihrer Vorfahren. Die Schrecken des Todes zu verachten und das Üngeheure zu wagen, darin bestand die Ehre des Kriegers. Und hier- bei trat besonders glänzend ein Zug hervor, der dem stolzen Ünabhängigkeits- gefühl der Deutschen zu widersprechen scheint, die gemütvolle Hingebung nämlich au einzelne Personen, beneit sie bis zum Tode die Treue wahrten. Wenn sie sich freiwillig durch Schwur oder Gelöbnis einem Heerführer zu irgend einem Unternehmen verpflichtet hatten, so war dies ein Baud, das für heiliger galt, als die Pflicht gegen das gemeine Beste des Volkes. So bildeten sich mächtige Häuptlinge ein Gefolge, aus das sie sich unbedingt verlassen konnten, wie sie denn ihrerseits verbunden waren, ihre Mannen in jeder Weise zu schützen. Selbst Fürstensöhne traten oft in das Gefolge eines bewährten Häuptlings,
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