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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 215

1883 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt. 215 ehrten sie den im Sturm daherfahrenden Allvater Wodan, den Spender des Lichtes, der ihnen zugleich als Schlachtenlenker erschien und der die Gefilde mit Fruchtbarkeit segne. Ihn glaubten sie umgeben von den Walküren, kriegerischen Jungfrauen, welche im Kampfe die dem Tode geweihten Helden bezeichneten und sie hinüberführten in die Walhalla, um hier mit Wodan täglich köstlichen Met zu trinken. Daher erschien es den Deutschen als das herrlichste Los, in der Schlacht zu fallen. Daneben aber verehrten sie als Ackerbauer die wohl- thätige Mutter Erde und andere Götter, von denen sie Wind und Wetter ab- hängig dachten. Die Vorstellung von der Erdgöttin hat sich selbst noch im Aberglauben späterer, christlicher Zeiten erhalten; Frau Holle, von welcher deutsche Märchen erzählen, ist ursprünglich nichts anderes, als die im Innern der Erde thätige Kraft, welche den Menschen so segensvoll, aber auch so fürch- terlich werden kann. — Ihren Gottesdienst hielten die alten Deutschen in heili- gen Hainen oder aus heiligen Bergen; Tempel, wie sie bei anderen heidnischen Völkern vorkamen, kannten sie nicht. Auch machten sie sich kein Abbild von den Göttern, das schien ihnen mit der Größe derselben unverträglich; nur im Glauben und mit dem Gemüte, meinten sie, könne das Wesen der Himmlischen erfaßt werden. Den Zorn der Gottheiten suchten sie durch blutige Opfer zu sühnen; gewöhnlich wurden dabei Eber und Pferde geschlachtet. Ihr Hauptsest feierten sie um die Zeit des kürzesten Tages, im Norden hieß es das Julsest; dann führte Wodan, wie sie glaubten, die abgeschiedenen Helden durch die Luft daher, dann heulten seine Kriegshunde, und seine Rosse schnoben Feuer. Aus dieser Vorstellung stammt noch der Aberglaube von der wilden Jagd. — Gött- liche Weissagung beobachteten sie mit der größten Gewissenhaftigkeit; einen Eichen- oder Buchenstab zerschnitten sie zu kleinen Reisern, ritzten in diese bestimmte Zeichen und warfen sie dann durch einander auf ein weißes Gewand: nach feierlichem Gebet hob hierauf jemand drei Reiser auf und deutete aus deren Zeichen den Willen der Gottheit. Daß ein so kräftiges und sittenreines Volk den bei aller Geistesbildung doch sittlich verdorbenen Römern gefährlich und furchtbar ward, ist begreiflich. Schon 100 Jahre vor Christi Geburt erschienen die deutschen Stämme der Cimbern und Teutonen, die der Sage nach durch eine Überschwemmung aus ihren Wohnsitzen im heutigen Schleswig-Holstein und Jütland vertrieben waren, am Fuße der Alpen und begehrten Wohnsitze von den Römern; sie schlugen viele der ihnen entgegengesandten Heere, aber endlich unterlagen sie der List und Kriegskunst ihrer Feinde und wurden völlig aufgerieben. Später drangen die Rönier über den Rhein hinüber in das nordwestliche Deutsch- land ein und setzten sich hier mehr und mehr fest; als sie aber auch „ihre Art Recht zu sprechen den Deutschen aufdrängen wollten und sie mit Über- mut behandelten, erhob sich unter Anführung des Cheruskerfürsten Armin oder Hermann ein mächtiger Aufstand, und im Teutoburger Walde wurden die Legionen des Statthalters Barus völlig vernichtet, 9 nach Christi Geburt. Von dieser Zeit an erfolgten noch viele Kämpfe zwischen Römern und Deutschen, aber diese letzteren behaupteten immer mehr die Oberhand; wobei denn freilich eine traurige Folge ihres trotzigen Freiheitssinnes die war, daß, wenn der Krieg mit den Römern ruhte, sie unter einander sich unablässig befehdeten. Keck.
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