1883 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
22. Die Hansa.
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unermeßliche Reichtümer erworben. Wie sich aber alles im Mittelalter zu Genos-
senschaften zusammenschloß, so gingen auch sie, nicht wie die rheinischen Städte
zur augenblicklichen Verteidigung gegen übermütige Raubritter, sondern zur
dauernden Verfolgung ihrer Handelsvorteile einen Bund ein, der nach damaligem
Sprachgebrauch Hansa, d. h. Innung, genannt ward. Die ersten Mitglieder
waren Hamburg, Lübeck und Bremen, aber dieser Hansabund erweiterte sich im
dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert so, daß er zuweilen über 70 Städte
umfaßte, mit seinen Flotten die nordischen Meere beherrschte, ganze Länder
eroberte, niächtige Könige beugte. Doch war die Verbindung der Städte nur
locker, oft geteilt, oft eingeschlafen, und nur fetten trat ihre ganze furchtbare
Kraft zum Verderben ihrer Feinde hervor, wenn sie sich einmal entschlossen
einig zu handeln. Dieser Bund konnte des ganzen deutschen Nordens Herr
werden, wenn er wollte; allein es wurde nicht einmal der Versuch dazu gemacht.
Die Bürger fühlten sich nur als Kaufleute, die zufrieden waren, wenn man
ihnen in der Fremde nur ihren umhegten Platz ließ, auf dem sie nach heimat-
licher Sitte und heimischem Recht ihren Handel betrieben.
Die Größe und Macht der Hansa beruhte, obwohl ihre Schiffe auch bis
in die innersten Buchten des Mittelmeeres gingen, zumeist aus dem Handel
der Ostseefahrer. Denn damals war die Ostsee der große Fischbehälter Euro-
pas; die Dorsche wälzten sich haufenweise in die ausgeworfenen Netze, der
Hering kam jährlich in ungeheuren Wanderzügen durch den Sund, an den
Flußmündungen wimmelten der Lachs und der Aal. Besonders aber war der
Heringssang für die nordischen Handelsstädte von der größten Wichtigkeit. Bis
zum Ende des zwölften Jahrhunderts zog der Fisch längs der Küste von Pom-
mern in so dichten Massen, daß man im Sommer nur den Korb ins Meer
zu senken brauchte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Damals wuchsen Lübeck,
Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit wunderbarer Schnelligkeit
zu hohem Wohlstand. Im dreizehnten Jahrhundert aber verlegte der Hering
seine Seewege und strich längs der stachen Küste von Schonen und am
norwegischen User. Da eilten alle seetüchtigen Völker in sein Fahrwasser, und
die deutschen Hansastädte kämpften um seinetwillen blutige und siegreiche Kriege
mit den Dänen, Engländern, Schotten lind Holländern, sie brachen den däni-
schen Königen ihre festen Schlösser, besetzten ihre Inseln und behaupteten Jahr-
hunderte hindurch die Herrschaft in Gotland, Schonen und Bergen. Das war
die große Zeit der deutschen Hansa. Nach 1400 aber änderte der Hering
wieder seine Züge und ging an die holländische Küste; seitdem wurden die hol-
ländischen Städte reich und mächtig.
War der hanseatische Kaufmann daheim, so zeigte er gern seinen Wohl-
stand durch stattliche Kleidung, kostbare Pelze und bunte Farben; er trug das
Schwert an der Seite und am reichverzierten Gurt die Geldtasche und den
Siegelring, worin das wichtige Zeichen seines Geschäftes, die Hausmarke,
eingegraben war. Denn er war des Schreibens nicht immer mächtig, und
durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern und Ballen her an allen Enden
der Welt bekannt war, bestätigte er Geldanweisungen und Urkunden, die er
durch seinen Schreiber ansstellen ließ.
Aber derselbe Mann trug zur See auch die Friesjacke des Schissers
und das Panzerhemd des Kriegers. Denn wenn er aus seinem rnndbanchigen,