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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 272

1883 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
272 31. Gustav Adolf. Die Nachricht von seinem Tode verbreitete eine tiefe Trauer über das ganze Land. Nach dem Willen des Kurfürsten ward der Sarg mit der teuren Leiche den weiten Weg gen Wittenberg gefahren. Von allen Seiten strömten Begleiter herbei. Wo der Tranerzug durchkam, wurden die Glocken gelautet. Als man der Stadt Wittenberg sich näherte, zog die ganze Universität samt allem Volk hinaus, ihn einzuholen. I)r. Bugenhagen hielt die Leichenpredigt. Dann begruben sie die Leiche in der Schloßkirche vor dem Altar und deckten eine einfache Steinplatte über die Gruft. Runkwitz. 31. Gustav Adolf. 3n dem furchtbaren dreißigjährigen Kriege, der so entsetzliches Elend über Deutschland gebracht hat, ist auf protestantischer Seite kein größerer Held aufgetreten, als Gustav Adolf, der Schwedenkönig. Schon waren die Evangelischen den Katholiken völlig erlegen, und ganz Norddeutschland schien der Knechtschaft preisgegeben zu sein; da landete Gustav Adolf im Sommer des Jahres 1630 mit 15 000 Mann in Pommern, um seinen bedrängten Glaubensgenossen beizustehen. Aber wie klein war dieses Heer gegenüber der Kriegsmacht des deutschen Kaisers! „Wir haben halt a Feindle mehr!" sagte dieser spöttisch, und die Wiener nannten Gustav Adolf nur den Schneekönig, der bald schmelzen werde, wenn er weiter nach Süden hinabkomme. Der kriegs- knndige Tilly aber meinte: „Der König von Schweden ist ein Feind von großer Klugheit und Tapferkeit, ein Feind, der den Krieg zu führen weiß. Sein Heer ist ein Ganzes, das er wie sein Roß mit dem Zügel regiert." Und Gustav war unstreitig der erste Kriegsheld seiner Zeit, ein Feldherr, wie seit Jahrhunderten keiner aufgestanden. In seinem Heere herrschte die trefflichste Mannszucht. Während bei den Wallensteinschen Scharen alle Laster im Schwange gingen, wachte Gustav mit eben der Sorgfalt über die Sitten der Soldaten, wie über die kriegerische Tapferkeit. Jedes Regiment mußte zum Morgen- und Abendgebet einen Kreis um den Feldprediger schließen und unter freiem Himmel seine Andacht halten. Fluchen, Spielen, Rauben war strenge verboten. In allen Tugenden ging Gustav selbst den Seinigen als Muster voran. Seine lebendige Gottesfurcht gab ihm in den schwierigsten Lagen Mut und Besonnenheit, und seine Soldaten waren von dem festen Vertrauen erfüllt, daß sie unter einem so frommen und tapferen König siegen müßten. Als Gustav den deutschen Boden betrat, fiel er im Angesicht seines ganzen Heeres auf die Kniee, dankte Gott mit lauter Stimme für die glückliche Über- fahrt und flehte um seinen ferneren Segen. Den umstehenden Offizieren kamen vor Rührung die Thränen , in die Augen. „Weinet nicht, meine Freunde," sprach der König, „sondern betet! Je mehr Betens, desto mehr Sieges. Fleißig gebetet, ist halb gesiegt." Und siehe, bald wichen die Kaiserlichen vor den tapferen Schweden zurück. Aber die protestantischen Fürsten waren so furchtsam vor der Macht des Kaisers, so mißtrauisch gegen den ausländischen König, daß sie lange zögerten, sich an Gustav anzuschließen. Die ängstlichen Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen verweigerten ihm geradezu den Durch- zug durch ihr Land. Daher konnte Gustav das hart bedrängte Magdeburg nicht mehr retten. Die blühende evangelische Stadt wurde von Tillh erobert.
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