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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 295

1883 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
39. Preußens Demütigung und Wiedergeburt. 295 Kraft voranleuchteten, strebte das ganze Volk, sich eines besseren Geschickes durch innere Erhebung wieder würdig zu machen, und so ist das Unglück von Jena und Tilsit unter Gottes Beistand ein Segen für Preußen geworden. Die Lage des Staates war zunächst sehr schlimm; nicht nur war derselbe um die Hälfte verkleinert, sondern alle Lebenskraft schien gelähmt durch die harten Bedingungen, welche zur Befriedigung des herzlosen Überwinders noch zu erfüllen waren. Noch lastete ein feindliches Heer ans dem unglücklichen Lande, bis die Preußen die ungeheuren Kriegskosten abgezahlt hätten; die fran- zösischen Behörden zeigten bei allen Verhandlungen über die Vollziehung des Friedens die größte Härte, Willkiir und kalten Übermut. Dabei waren die furchtbaren Folgen des verheerenden Kriegs noch überall sichtbar, alle Kräfte des Landes erschöpft. Es war keine leichte Aufgabe, unter so traurigen Ver- hältnissen den Grund zu einer besseren Zukunft zu legen. Friedrich Wilhelm aber ließ den Mut nicht sinken, im Vertrauen auf Gott unternahm er es, gerade damals eine schönere Wiedergeburt des Staates vorzubereiten. In solcher Absicht richtete er seinen Blick auf einen ausgezeichneten Staatsmann, den Freihern von Stein, der in feuriger Begeisterung für das Vaterland und in glühendem Haß gegen die Fremdherrschaft sich die Ausgabe stellte, Preußen zunächst von den drückenden Lasten des Augenblicks zu befreien, ferner aber die Nation selbst durch Weckung eines sittlichen, religiösen, vaterländischen Geistes neu zu erheben. Vor allem aber mußte, um die Räumung des Landes von dem fremden Heere zu erlangen, erst die Kriegssteuer aufgebracht werden; dies geschah teils durch Beschränkung in den Ausgaben, worin der König und sein Hof mit dem Beispiel persönlicher Opfer vorangingen, teils durch geschickte Finanzmaßregeln und durch Vermehrung der gewöhnlichen Einnahmen, endlich auch durch eine besondere Steuer. Am Ende des Jahres 1808 war die Kriegslast abgetragen, und unter dem Jubel der Bevölkerung konnten wieder preußische Truppen in die Hauptstadt des Landes einziehen. Jetzt war die Fürsorge der neuen Regierung ganz und gar der Zukunft zugewandt; um die Kräfte der Nation neu anzuregen und gleichsam zu verdop- peln, wollte Stein in allen Schichten der Bevölkerung eine kräftige vaterlän- dische Gesinnung, eine lebendige Thätigkeit und eine rege Teilnahme am öffent- lichen Wohl erwecken. Die Belebung des öffentlichen Geistes sollte die Grund- lage alles weiteren Strebens sein, deshalb einem jeden innerhalb der gesetzlichen Schranken die möglichst freie Entwickelung und Anwendung seiner Anlagen, Fähigkeiten und Kräfte gestattet und in jedem einzelnen Stande Thätigkeit, Einsicht und Selbstgefühl und Hingabe für das Vaterland erzeugt werden. Zunächst galt es, den Bauernstand wieder zu heben. Derselbe war größten- teils noch unfrei, wenn auch nicht leibeigen, doch erbunterthänig; da er nicht selbst Besitzer von Grund und Boden war, so fehlte ihn: der kräftigste Anreiz, den Acker zu verbessern. Um nun einen freien Bauernstand zu schaffen, erließ der König im Oktober 1807 einen Befehl zur Aufhebung der Erbunter- thänigkeit zunächst ans allen Krongütern, gleich darauf eine Verordnung über den freien Gebrauch des Grundeigentums und über die persönlichen Verhält- nisse der Landbewohner. Die Städte bedurften gleichfalls einer gründlichen Änderung ihrer Ver- hältnisse; die Selbständigkeit der städtischen Verwaltung war immer mehr gesun-
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