1883 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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68. Der Spreewald.
beachtet Keller, Boden und Kammer. Sowie das Vieh gefüttert ist, kann sie
hinter ihrem Spinnrade ausruhen, anstatt daß anderwärts, wo die Leute in
Stuben sitzen, so oft die Hausthür aufgeht, jemand aus der Stube dem Frem-
den entgegengehen und die Arbeit solange versäumen muß. Der Platz bei dem
Herde ist der schönste unter allen. Ein rings herabhangendes, niedriges Stroh-
dach schützt die schwachen Wände, hält den Lehm trocken, wärmt Haus und
Vieh und wird mit leichter Mühe von dem Wirte selbst gebessert. Ein großes
Vordach schützt das Haus nach Westen und deckt zugleich die Schweinekoben,
und um endlich nichts zu verlieren, liegt der Mistpfuhl vor der Ausfahrt, wo
angespannt wird.
Wo alles unter einem Dache, um ein Feuer beisammen lebt, wo der
weite Raum der Einfahrt gleichsam ein bedeckter Marktplatz für das kleine häus-
liche Gemeinwesen ist, um welchen herum dessen sämtlichen Gliedern, Men-
schen und Vieh, ihre besonderen Plätze angewiesen sind; wo eben dieser Raum
die Jugend nicht bloß zu angestrengter Arbeit, sondern auch zu heiterem Tanze
versammelt: da mußte ein haushälterischer, anhänglicher Sinn für die Familie,
eine größere Anhänglichkeit selbst für das Vieh, mußte für den Genuß der Freu-
den des Lebens im engen und bekannten Kreise eine festere Neigung entstehen,
als wo alles innerhalb derselben Wirtschaft zerfahren und getrennt lebt.
Gehen wir vom Haus in die Umgehung über, so findet sich der Hof
einerseits vom Garten, anderseits von Wiesen und Ackerland umgeben. Die
Felder sind von einem Erdwall umzogen, auf dem dichtes Gesträuch wächst und
knollige Baumwurzeln immer neue Sprossen treiben, die alle 5 bis 6 Jahre
abgehauen werden. Über die Felder und Wiesen hin ragt das Gehölz. Je
älter die Eichen im Gebüsche, desto stolzer und selhstbcwußter der Landmann.
Hier und da gewährt das Gebüsch eine Durchsicht nach dem Nachbarhofe, oder
es öffnet sich eine Fernsicht nach dem Turme des Dorfes, der am Sonntag alle
Bewohner der vielen zerstreuten Höfe zur Kirche ruft, der den eigentlichen Eini-
gungspunkt der Gemeinde bildet. I. Möser.
68. Der Spreewald.
3n der Niederlausitz, wo der Unterlauf der Spree beginnt, befindet sich eine
der merkwürdigsten Gegenden der Mark, nämlich der Spreewald, indessen
Mitte die Stadt Lübben liegt. Die Spree kommt hier wegen mangelnden
Gefälles gleichsam in Verlegenheit, welchen Weg sie wühlen soll, und teilt sich
daher in eine unzählige Menge von Armen, die eine weite Niederung durch-
sließen und bei hohem Wasserstande völlig überschwemmen. In älterer Zeit
befand sich hier ein undurchdringlicher Bruchwald, den die Wenden oder Sorben
zum Zufluchtsort erwählten, als sie vor den Deutschen nach Osten hin zurück-
weichen mußten. Die Nachkommen derselben wohnen noch heute im Spreewalde
und haben die väterliche Sprache und Sitte bewahrt. Ein Teil des Spreewal-
des ist urbar gemacht und in fruchtbares Wiesen- und Gartenland verwandelt
worden; ein anderer Teil besteht noch jetzt aus Wald. Die herrschende Holzart
ist die gemeine Erle; doch findet man auch Eschen, Buchen, Eichen, Weiden
und Kiefern. Da nun die ganze Gegend von zahllosen Flußarmen durchzogen
ist, so müssen die Bewohner des Cpreewaldes alle Ausflüge und Besuche in