1883 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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14. Die Kurfürstin Luise Henriette.
Vom Pferde sinkend, bleibt er mit einem Fuße im Steigbügel hängen.
Das scheu gewordene Pferd schleift ihn ein Stück mit fort. Der Herzog verläßt
den König, nicht aber der Edelknabe. Er schwingt sich von: Rosse und bietet
es seinem am Boden liegenden Herrn an. Vergebens mühet sich dieser, mit Hilfe
des Edelknaben sich vom Boden zu erheben. Ein neuer Schwarm der Kaiser-
lichen sprengt herzu, es fallen Schüsse, eine Kugel dringt dem Könige durch die
Schläfe — er ist nicht mehr.
Inzwischen haben die Schweden das daherjagende blutige Pferd ihres
Königs erblickt. Von Mund zu Mund geht die Schreckenskunde: der König ist
tot. — Der Eindruck des Unglücks ist fast überwältigend. Einige der schwedi-
schen Generale denken an einen geordneten Rückzug und äußern sich in diesem
Sinne. „Nein", ruft der tapfere Bernhard von Weimar, „keinen Rückzug; Rache!
Sieg oder Tod muß jetzt unser Feldgeschrei sein."
Sein Ausruf ist der rechte Ausdruck des Gefühls, das sich der Mehrzahl
der protestantischen Krieger bemächtigt hat. „Rächet den König! rächet ihn!"
Also tönt es umchtvoll aus dem Heere.
Mit Sturmgewalt geht es wieder gegen den Feind. Auf allen Punkten
wird sein Widerstand gebrochen, gräßlich mähet der Tod in seinen Reihen, er weicht.
Aber noch eine harte Probe seines Heldensinnes hat das Heer zu bestehen. Pap-
penheim, dem Eilboten nachgesandt worden, kommt jetzt mit seinen Geschwadern da-
hergebraust. Ein neues, gewaltiges Ringen beginnt; aber auch die Pappenheimer
werden in die Flucht geschlagen, ja ihr Führer fällt, Das ganze kaiserliche Heer
ist auf der Flucht. In der Nacht bei Fackelschein finden die Schweden die Leiche
ihres geliebten Königs am sogenannten Schwedensteine.
Zehntausend schliefen um Gustav den letzten Schlummer im Felde bei Lützen.
Ein eisernes Denkmal zeigt der Nachwelt die Stelle, auf der der König
seine Heldenseele aushauchte. Ein Denkmal erhabenerer Art ist dem Könige in
dem Gustav - Adolf - Vereine gestiftet.
Der größte Held der Protestanten war zwar dahin, aber — auch der Zauber
des Namens Wallenstein war geschwunden.
14. Die Kursürstin Luise Henriette.
Der grosse Kurfürst hatte sich zur Gemahlin die Tochter des Prinzen von
Oranien, Luise Henriette, erkoren, eine durch bedeutende Geistesgaben,
Herzensgüte, echte Frömmigkeit und edle Weiblichkeit ausgezeichnete
Prinzessin.
Im Jahre 1646 am 17. November fand die Vermählung statt, aber
erst im nächsten Frühjahr holte der Kurfürst seine junge Gemahlin in sein
Land, da sie ihn gebeten hatte, er möge sie noch so lange bei ihrem alten,
schwer erkrankten Vater lassen, bis sich die Krankheit gehoben habe. Der
Kurfürst willigte ein und die liebende Tochter war dem teuren Vater der
Engel am Schmerzenslager, der, so weit es der Macht der Liebe möglich
ist, ihm Trost und Erleichterung bis ins Kleinste zu bringen verstand.
Aber die Krankheit verschlimmerte sich — und im März verschied der
Vater sanft in den Armen seiner geliebten Luise. Nachdem das feierliche
Begräbnis des hohen Verstorbenen vor sich gegangen war, begab sich der
Kurfürst mit seiner Gemahlin nach Cleve, dessen Schloss er für dieselbe