1883 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
24. Der Petersberg.
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Wie groß aber der Handelsverkehr in Halle ist, das sieht man aus der
Saale, die in mehreren Armen die Stadt durchfließt und auf der Hunderte von
beladenen Schiffen aus- und einfahren.
Auch auf dem Bahnhöfe erkennt man das geschäftige Leben der thätigen
Einwohner. Da gehen und kommen stündlich mehrere Züge, die mit allerlei
Kaufmannsgütern und Personen beladen sind. Da gehen Schienen nach Leipzig,
andere nach Berlin, wieder andere nach Eisleben und Nordhausen, ferner
nach Magdeburg, und endlich nach Thüringen und Aschersleben.
Von Halle aus fließt die Saale nach dem nahe gelegenen Soolbade Witte-
kind und an dem Dorfe und der Felsenruine Giebichenstein vorbei.
Von diesem Schlosse, das ganz nahe an der Saale steht, soll der Sage
nach einmal ein Graf, der hier vom Kaiser gefangen gehalten wurde, hoch oben
aus einem Fenster, das man heute noch zeigt, heruntergesprungen und entflohen
sein. Von dem kühnen Sprunge wurde der Graf „Ludwig der Springer"
genannt.
Nachdem der Fluß auch die Stadt Wettin, bei welcher das Stammschloß
des sächsischen Fürstenhauses und große Kohlenlager sich befinden, berührt hat,
betritt er unterhalb Alsleben das Herzogtum Anhalt und verläßt dieses Land
wieder eine Meile oberhalb der durch seine Fabriken bekannten Stadt Calbe.
Nur noch eine kurze Strecke geht der Fluß in der fruchtbaren Ebene von Barby
entlang und ergießt sich dann unterhalb dieser kleinen Fabrik- und Ackerbaustadt
in die Elbe.
24. Der Petersberg.
Drei Stunden nördlich von Halle a/S. erhebt sich, 350 rn hoch, der Peters-
berg. Da er allmählich emporsteigt und die Gegend um ihn her meist eben ist,
so scheint er, aus der Ferne gesehen, viel großartiger, als in der Nähe, wo er
einem aus Felsenstücken aufgetürmten Hügel gleicht. Er ist der Stolz der Gegend
und wird überaus häufig besucht. Die Aussicht ist auch in der That sehr schön,
und man erblickt, wenn der Himmel klar ist, einige 40 Städte, Schlösser,
Flecken, Meiereien und Dorfschaften. So zeigen sich, um nur einiges aufzu-
führen, gegen Morgen: Landsberg, Delitzsch, Bitterfeld, Zörbig, Radegast und
Dessau; gegen Mittag: Halle, die Saale, die Heide, der Badeort Lauchstädt,
Merseburg mit seinem berühmten Dome, Lützen, wo Gustav Adolf fiel, Wei-
ßenfels mit seinem hochgelegenen Schlosse, davor die seit 1757 wohlbekannten
Roßbacher Höhen und Leipzig; gegen Abend: Wettin, Löbejün, Rothenburg
Gerbstädt, Alsleben, Eisleben, die Berge im Mansfeldischen und Anhaltinischen
und das Harzgebirge, über welches der Brocken majestätisch emporragt; gegen
Mitternacht endlich: Cönnern, Köthen, Bernburg, Aken, Calbe, Barby, Schö-
nebeck und in weiter, dämmernder Ferne das hochgetürmte Magdeburg. Der
Petersberg gilt ebenso wie der Brocken, als Wetterverkündiger. Wenn, wie
das Volk sich ausdrückt, „der Pfarrer auf dem Petersberge raucht", so kann
man gewiß sein, daß es Regen giebt. In den frühesten noch heidnischen Zei-
ten wurde der Petersberg von den An- und Umwohnern als eine Opserstätte
benutzt. Später errichtete um das Jahr 1124 Graf Dedo von Wettin, der
Stammvater der sächsischen Fürsten, dort ein Kloster und widmete es dem
Apostel Petrus. Zerstört durch Feuer und wieder aufgebaut, Wandeltees 1565
Vaterland. Leseb. Provinz Sachsen von Dietlein. 3. Ausl. 3