1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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92. Der Winter.
dieses Notzeichen auf das Dach ihres Schneehausleins oben auf. Nun kommt
die Nacht, und das Schneegestöber wird immer ärger. Der Eingang zur Hohle,
in welcher die Kinder sind, ist zugeschneit, und sie hören durch den Schnee
hindurch den Uhu schreien und den Sturm heulen. O, wie ist den armen
Kindern da angst und bange! Aber der liebe Gott wacht ja über ihnen, und
sie schlafen endlich betend ein. — Aber als am andern Morgen die Kinder
nicht heimkommen, da wird den Eltern angst. Sie schicken einen Boten zur
Pate, und wie dieser wiederkommt, geht alles, was lausen kann, mit Schau-
feln in den Wald, um die Kinder zu suchen. Da sieht man denn das rote
Fähnlein noch ein wenig aus dem Schnee hervorschauen, und die Leute kennen
das Tüchlein und denken gleich: da müssen auch die Mädchen sein. In der
dunkeln Schneekammer drinnen hören die Kinder das Rufen und antworten
daraus; aber heraus können sie nicht. Die Männer schaufeln jetzt den Schnee
iveg; denn es ist alles zugeweht und zugeschneit, und gut war's nur, daß die
Tannenbäumchen das schwere Dach von Schnee tragen mochten; die Kinder
wären sonst erstickt. O wie freute sich alles, da die Kinder gerettet waren,
und wie dankte jeder dem lieben Gott, der so väterlich die Kinder beschützte!
Staub.
92. I)ei- Winter
1. Der "Winter ist ein rechter Mann,
kernfest und ans die Dauer;
sein Fleisch, fühlt sich wie Eisen an;
er scheut nicht süss noch sauer.
5. Doch wenn die Füchse hellen sehr,
wenn’s Holz im Ofen knittert
und um den Ofen Knecht und Herr
die Hände reibt und zittert;
2. War je ein Mann gesund wie er?
er krankt und kränkelt nimmer;
er trotzt der Kälte gleich dem Bär
und schläft im kalten Zimmer.
6. wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
und Teich’ und Seeen krachen:
das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
dann will er tot sich lachen.
3. Er zieht sein Hemd im Freien an
und lässt’s vorher nicht wärmen;
er spottet über Fluss im Zahn
und Grimmen in Gedärmen.
7. Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
beim Nordpol an dem Strande;
doch hat er auch ein Sommerhaus
im lieben Schweizerlande.
4. Aus Blumen und aus Yogelsang
weiss er sich nichts zu machen,
hasst warmen Trank und Liederklang
und alle warmen Sachen.
8. Da ist er denn bald dort, bald hier,
gut Eegiment zu führen;
und wenn er durchzieht, stehen wir
und sehn ihn an und frieren.
Claudius.
93. Das Büblein
auf dem Eise.
1. (Befroren hat es heuer
noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
und spricht zu sich ganz leis’:
„Ich will es einmal wagen;
das Eis muß doch nun tragen!"
Wer weiß?
2. Das Büblein stampft und hacket
mit seinen Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket,
und krach! schon bricht’s hinein.
Das Büblein platscht und krabbelt
als wie ein Krebs und zappelt
mit Arm und Bein.