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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 164

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
164 221. Der Schiffsbrand. Der Kapitän fprach's, und die Mannschaft machte den Offizieren Platz. Man brauchte keine weiteren Erkundigungen einzuziehen, denn als der dienst- thuende Offizier an den Eingang des Lazaretts kam, drang ihm ein erstickender Rauch entgegen. Das Gestöhn der Kranken war herzzerschneidend. „Mir nach, mir nach!" rief der mutvolle Offizier und drang in die Räume des Unglücks ein. Einzelne beherzte Matrosen folgten ihm und entrissen ihre unglücklichen Kameraden dem entsetzlichen Fenertode. Die Kranken auf dem Rücken, erschienen sie oberhalb der Luken und legten ihre Last schweigend auf dem Verdeck nieder. Unterdessen hatten die Offiziere mit großer Umsicht Anstalten znm Löschen getroffen. Die Schiffspumpen waren im vollen Gange, und ein dichter Wasser- strahl schoß in die Räume des Lazaretts hinab. Andere zogen in Eimern und anderen Behältern Wasser herauf und benetzten unaufhörlich das Verdeck von einem Ende bis zum anderen. Zwei unerschrockene Kadetten wurden zur Pulverkammer beordert, um genau nachzusehen, ob jebe Vorsichtsmaßregel getroffen sei, diese zu schützen. Zwei andere begleiteten den Proviantmeister hinab zu den Vorräten, mit dem Aufträge, sobald es nötig sei, alle feuerfangenden Gegenstände zu entfernen und, wenn es sein müsse, sie über Bord zu werfen. Sie drangen in die finstern Räume ein; um sehen zu können, mußten sie die Thür auflassen, und nun gewährte ihnen der Feuerschein hinlängliches Licht. Aber an dem entgegengesetzten Ende der Kammer waren die Lnftklappen geöffnet; der Wind gewann einen freien Durchzug und flog zu dem Feuer herüber; wild prasselte die Flamme auf und leckte die Balken des Verdecks. „Über Bord mit dem Rum und Branntwein!" schrie der Proviantmeister außer sich und rollte ein Faß vor sich her, um es vom Verdeck aus über Bord zu rollen. Kräftige Hilfe war zur Hand, es wurde ein Tau herabgelassen und das Faß gehißt; das Tan war aber zu schwach, konnte die angehängte Last nicht tragen und riß. Das Faß stürzte hinab und platzte auseinander; glühende Brände fielen in das nach allen Seiten hinströmende Feuerwasfer, und brennende Wellen brachen sich an den Seitenborden des Zwischendecks. Die Kunde des neuen Unglücks gelangte auf das Verdeck. Die Offiziere wandten die erbleichenden Gesichter ab, der Kapitän aber schien allgegenwärtig zu fein und munterte mit kräftigen, entschlossenen Worten die Leute zu neuen Anstrengungen auf. Längst waren die Segel festgemacht und das Schiff den Wellen überlassen; überdies hatte auch der schwächste Windhauch aufgehört, und die Atmosphäre war unbeweglich. Der Mond schien klar und hell, und einzelne Sterne blitzten freundlich auf die Unglücksstelle herab. Aber fern im Westen änderte sich die Scene, und eine Wolkenmaffe stieg aus der Tiefe des Meeres herauf. Hätten die Leute noch auf irgend etwas anderes achten können, als auf die Flammen, die in dem Innern des Schiffes wüteten, so würden sie gesehen haben, daß sich ein zweites Element zu ihrem Untergange rüstete. Zum Tode erschöpft, ließen die Matrosen die Arme hängen; die Offiziere gingen von einem zum andern, feuerten sie durch ermutigende Worte an und erquickten sie mit stärkendem Wein. Aufs neue begann die Arbeit, die Ver- zweiflung verlieh ihnen übermenschliche Kräfte, und jeden Augenblick dämmerte
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