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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 165

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
221. Der Schiffsbrand. 165 ihnen eine trügerische Hoffnung auf. Plötzlich aber sprangen mit lautem Ge- prassel die Luken auseinander, die Flamme stieg riesengroß empor, umarmte den Fockmast und ergriff die Takelage desselben, von der untersten Webeleine bis zum Wimpel mit rasender Schnelle emporsteigend. „Die Boote! Die Boote! Rettet die Boote!" lautete der allgemeine Ruf, und alle ließen ab von den unnützen Löscharbeiten. Kaum berührte das erste Boot den Wasserspiegel, und das zweite sollte folgen, als die finstern Wolken, die aus dem Abgrunde aufstiegen, den höchsten Gipfel erreicht hatten. Ein lauter Donner hallte vorüber, ein zischender Blitz riß das Gewölk auseinander, und der Sturm stürzte sich heulend aus das unglückliche Schiff. An den Stangen, die von dem Fockmast zum großen Mast führen, züngelte das Feuer wie eine Schlange hinauf, und in einem Nu stand auch dieser in Flammen; ein dichter Funkenregen fiel auf die Rahen und Stengen des Besanmastes nieder. Im Innern wütete die Glut fort, und das Feuer näherte sich mehr und mehr dem verhängnisvollen Orte der Pulverkammer. Der Kapitän hatte eine kurze Beratung mit seinen Offizieren gehalten; diese traten auseinander, und der Befehlshaber sprach mit lauter Stimme: „Dänische Männer! Wir weichen dem Geschick! Das Schiff ist nicht mehr zu retten, also will ich euch retten! Wir besteigen die Boote! Haltet fest zu einander und seid ruhig und besonnen!" Die Pfeifen der Bootsmänner erklangen; aber das Pfeifen des Sturmes übertönte sie, und laut erhob sich von allen Seiten das Geschrei: „In die Boote! In die Boote! Rette sich, wer kann!" Alles stürzte nach der Seite hin, wo die bereits ausgesetzten Boote von den aufgeregten Wellen auf und nieder geschleudert wurden. Umsonst versuchten die Offiziere, ihre Anordnungen zu treffen; vergebens waren alle ihre Befehle! Kopfüber stürzten sich die Matrosen in die zunächst liegende Barkasse, und als diese überhäuft war, stieß sie von dem Schiffe ab. Ein Knall! Neues Entsetzen! Die furchtbare Glut hat die Steuerbords- Kanonen des Vorderkastells erglühen gemacht; sie entladen sich selbst; der erste Schuß hallt weit hinaus in die Sturmesnacht; ihm folgt ein zweiter, dritter. Tie Barkasse, von dem Winde hoch emporgeschleudert, fliegt weit ab von: Schiffe, die Kugeln sausen zischend durch das aufspritzende Wasser, sie schlagen in die Seitenborde des Fahrzeuges, es sinkt in die Tiefe, und herzzerschnei- dend mischt sich mit dem übrigen verworrenen Lärmen das Angstgeschrei der Versinkenden. Der Kapitän benutzte dieses Ereignis, das auf die rohen Gemüter der Matrosen einen tiefen Eindruck zu machen schien; er schwingt sich ans eine Kanone, und umsprüht von herabströmenden Funken, ruft er: „Das ist die Strafe des Ungehorsams! Der Arm Gottes züchtigt die Verräter, wenn es der Arm der Menschen nicht mehr vermag! Gehorcht, oder ihr endet, wie sie! Das Langboot vor!" Aber starr standen die Männer vor dem neuen Unheil, das jetzt über sie hereinbrach. Die Glut des Feuers strahlte über die Meeresfläche hin und vergoldete die weißschäumenden Häupter der Wellen. Ter in der Tiefe schlnm-
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