1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
230. Pie christliche Mission.
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Dieser Überblick zeigt zur Genüge, wie die christliche Kirche wirklich sich
zu allen Zeiten als eine Missionsanstalt angesehen und aus kleinem, senfkorn-
artigem Anfange ihre Zweige immer weiter ausgebreitet hat.
Wer könnte alle die guten Früchte des Christentums zählen! Die Ehre,
welche von Christen Gott in der Höhe gegeben ward, schuf Frieden aus Erden,
alles Irdische ward geheiligt. Unter frommem Regiment, bei einem aufs Himm-
lische gerichteten Sinn blühten Künste imb Wissenschaften. Die Stärke der
Völker wuchs, und der Herr gab dem kleinen christlichen Europa die Herrschaft
über die heidnischen Weltteile, uni ihnen das Evangelium zu bringen. Jeder
Mißbrauch dieser Herrschaft wird schwer gebüßt. Wenn Europa dessen ver-
gißt, der ihm Stärke und Segen verlieh, so wird seine Kraft zusam-
menbrechen und der Segen weicheii. W. Hoffmnnn u. K. v. Raumer.
ichtbar iiahet mit Macht die Zeit, wo alle Reiche der Welt Gottes und
des Heilandes werden, aller Kniee sich beugen sollen in dem Namen Jesu
Christi, in welchem allein das Heil ist, und alle Zungen bekennen, daß Jesus
Christ der Herr sei, zur Ehre Gottes des Vaters.
Noch aber ist der Heiden Zahl nebst der der Jünger Mohameds und
der Zerstreuten aus Israel fast dreimal so groß, als die der Christen, und
welche Bollwerke des Satans sind noch zu überwältigen, bis jene herrliche
Zeit erscheint! Ja, wenn noch die ganze Christenheit ein Missionsvolk
wäre! Aber Unzählige, die sich Christen nennen, sind lau und kalt und feind-
selig dem heiligen Werk gegenüber, das Christi Ehre und das Heil der Welt
fördern will. Kein wahrer Menschenfreund kann bei dieser großen Liebesarbeit
unbeteiligt bleiben; wie viel weniger darf, wer sich für einen Jünger Jesu
hält, ihr seine lebendige Teilnahme versagen, sich weigern, sie durch Opfer,
Arbeit und Gebet zu unterstützen!
Desgleichen darf ein Menschenfreund, geschweige ein wahrer Christ,
der inneren Mission nicht fremd stehen. Sie hat zum Ziel, das heidnische
Wesen innerhalb der Christenheit auf dem Wege evangelischer Belehrung
und Vereinigung zu bekämpfen und auszurotten, und der sittlichen Verkommen-
heit, der Armut, dem Elende aller Art zu steuern. Sie bildet Enthaltsam-
keits-, Erziehungs-, Jünglingsvereine, Vereine zur Verbreitung guter
Schriften, Gefängnisgesellschaften; sie stiftet Rettungs-, Kranken-,
Armenhäuser, Asyle zur Besserung entlassener Sträflinge, Diakonen- und
Diakonissen-Anstalten, Kleinkinder-, Armen- und Sonntagsschulen; sie
sucht die in der Zerstreuung (Diaspora) lebenden Glaubensgenossen auf,
bringt ihnen christliche Erbauung und sammelt sie zu kirchlichen Gemeinden,
während die Gustav-Adolfs-Vereine bemüht sind, ihnen Kirchen und Schu-
len, Prediger und Lehrer zu geben. Sowohl die innere, als die äußere
Mission schließen sich enge an die Bibelgesellschaften und an die seit 1799 ent-
standenen Traktatgefell sch asten an. Alle diese christlichen Vereinigungen
find unwiderfprechliche Zeugnisse, daß in der evangelischen Kirche der Geist des
Herrn wieder mit Macht wehet und waltet. Und du sollst diesem Zuge des
239. Die christliche Mission.