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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 221

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Z. Mavi der Große. 221 5. Karl der Große. Pipin der Kleine, der im Einverständnis mit dem Papste dem letzten Sprößling des verkommenen Herrschergeschlechts der Franken die Locken geschoren und ihn in ein Kloster gesandt, dann aber selbst den Thron des mäch- tigen Reiches bestiegen hatte, stammte nicht aus einem edlen Geschlechte, sondern von freien Bauern aus der Gegend des Niederrheins. Er trug kurzes Haar, wie die anderen Franken, und über dem glatten Kinn den fränkischen Lippen- bart. Als König aber waltete er mit großer Kraft; er erweiterte die Grenzen seines Reiches und dämpfte den Übermut der Longobarden, eines deutschen Stammes, der sich im nördlichen Italien niedergelassen hatte; das ihnen entrissene Land schenkte er dem Papste, zu dessen weltlicher Gewalt er dadurch den Grund legte. Bei seinem Tode im Jahre 768 hinterließ er den nördlichen Teil seines Reiches seinem Sohne Karl, den südlichen aber dem Bruder des- selben, Karlmann. Als dieser jedoch schon nach drei Jahren plötzlich starb, nahm Karl das ganze Frankenlnnd in Besitz, indem seine beiden noch unmündigen Neffen als unfähig zur Nachfolge betrachtet wurden. Schon in seinem Äußern zeigte sich die Majestät des Herrschers. Er maß fast 2 Meter, sein Kopf hatte einen mächtigen Umfang. In jeder Waffen- kunst vollkommen durchgebildet, war er jedem im Volke an Stärke überlegen; auch im Schwimmen und ähnlichen Fertigkeiten kam ihm iliemand gleich. Seine Kraft dauerte bis ins hohe Alter, denn er übte sie täglich und lebte durchaus mäßig. Seine Haltung war kriegerisch und ehrsurchterweckend; wo er einher- schritt, klopften die Herzen. Auf seiner breiten, klareii Stirn lag Weisheit und Hoheit; vor dem feurigen und durchdringeiiden Blick seines großeii Auges mußte jeder das seinige niederschlagen. Seine Tracht war gewöhnlich einfach und krie- gerisch, der Hauptbestandteil derselben ein Wams von Otternfell; nur bei feier- lichen Anlässen trug er einen goldnen, kurzen Rock mit Gürtel, über den Bein- kleidern und Strümpfen bunte Kreuzbänder, die Schuhe mit Edelsteinen geziert, den Mantel gewöhnlich weiß oder grün. — Aber gewaltiger als durch sein Äußeres war er durch die Kraft seiues Geistes. Er war keine stürmische Natur, die leidenschaftlich und maßlos das Höchste begehrte; hart vielmehr und dauer- haft >vie ein Eichstamm, ivuchs er ivähreiid des ivildesten Kriegstreibens ruhig fort, bedächtig, uachdenklich, bei großem Thun von unerschütterlichem Willen. Fehlschlag und Niederlage entmutigten ihn nicht, aber auch der größte Erfolg berauschte ihn nicht, in der härtesten Arbeit blieb sein Geist klar und gesammelt, mitten im Kampf um ein hohes Ziel sann er auf neue, oft ganz andersartige Schöpfungen. Wie kein anderer deutscher Fürst besaß er ein Gemüt, welches klar und ruhig die Bilder der Außenwelt auffaßte und erwog, einen klugen Erffndungsgeist, der sie zweckmäßig zu verwenden wußte, und einen eisernen Willen, der schnell seinen Entschluß faßte und gerade auf sein Ziel losging. Mit diesen Eigenschaften gelang es ihm, zum ersten Male die spröden, auf ihre Selbständigkeit eifersüchtigeu deutschen Stämme zu einem ungeheuren Reiche zusammenzufassen. Zunächst vernichtete er das Longobardenreich im nördlichen Italien, dessen König den Papst bedrohte, und ließ sich selbst als König der Longobarden huldigen. Dann aber wandte er sich gegen die Heid-
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