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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 227

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
7. wie Kaiser Karl schreiben lernte. 227 3. Dann rief er mit gestrengem Blick die Faulen her, die Böcke, und wies sie mit erhabner Hand zur Linken, in die Ecke; da stand im pelzverbrämten Rock manch feiner Herrensohn, manch ungezognes Mutterkind, manch junger Reichsbaron. 4. Da sprach nach rechts der Kaiser mild: „Habt Dank, ihr frommen Knaben, ihr sollt an mir den gnäd'gen Herrn, den güt'gen Vater haben; und ob ihr armer Leute Kind und Knechtessöhne seid: in meinen^ Reiche gilt der Mann und nicht des Mannes Kleid!" 5. Dann blitzt' sein Blick zur Linken hin, wie Donner klang sein Tadel: „Ihr Taugenichtse, bessert euch, ihr schändet euren Adel; ihr seidnen Püppchen, trotzet nicht auf euer Milchgesicht, ich frage nach des Manns Verdienst, nach seinem Namen nicht!" 6. Da sah man manches Kinderaug' in frohem Glanze leuchten, und manches stumm zu Boden sehn und manches still sich feuchten; und als man aus der Schule kam, da wurde viel erzählt, wen heute Kaiser Karl belobt und wen er ausgeschmält. 7. Und wie's der große Kaiser hielt, so soll man's allzeit halten, ün Schulhaus mit dem kleinen Volk, im Staate mit den Alten: den Platz nach Kunst und nicht nach Gunst, den Stand nach dem Verstand — so steht es in der Schule wohl und gut im Vaterland. Gerok. 7. Wie Kaiser Karl schreiben lernte. 1. Äls Kaiser Karl zu Jahren kam und war der Große worden, und streckte seinen Zepter aus nach Süden und nach Norden, da gab's ins weite Kaiserreich wohl auszuschreiben viel; doch der so stark den Zepter hält, führt schwach den Federkiel. 2. Wohl lernt' er in der Jugend einst ein rasches Roß zu reiten, zu schwimmen durch den wilden Strom, mit Schwert und Speer zu streiten; noch ist dem Mann kein Hengst zu ivild, kein Fluß zu rasch und tief, nur eines fällt dem Helden schwer: zu schreiben einen Brief. 3. Da geht der große Kaiser noch beim Schreiber in die Schule und müht sich wie ein Schülerknab' mit seiner Federspule, doch bleibt der schwertgewohnten Hand der leichte Kiel zu schwer, er seufzt: „Was Hänschen nicht gelernt, das lernt der Hans nicht mehr." 4. Nun, alter Kaiser, tröste dich: kannst du ihn schlecht nur schreiben, dein Nanie wird im deutschen Land wohl angeschrieben bleiben; du schriebst ihn mit dem scharfen Schwert in Erz und Marmelstein, du schriebst mit deinen Thaten ihn ins Buch der Zeiten ein. 5. Ihr Kinder aber werdet nicht mit Blut und Eisen schreiben, drum sollt ihr eure Schreibekunst mit Tiut' und Feder treiben; ihr grabet eure Namen nicht in Erz und Marmelstein, drum schreibet eure Lektion ins Schulheft sauber ein. 15*
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