1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
13. Friedrich L, genannt Barbarossa
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geraten fein. Dennoch hatte das ganze Unternehmen keinen Bestand. Das nene
christliche Königreich in Jerusalem erhielt sich kümmerlich. Im Jahr 1291 ging
anch die letzte Besitzung, die Stadt Ptolemais, verloren. Bei alledem haben
die Kreuzzüge aber doch großen Einslnß geübt. Wie sie ans frischem Glauben
hervorgegangen waren, so belebten sie auch den Glauben wieder und richteten
den Sinn ans höhere Güter. Der Handelsverkehr wurde lebhafter und machte
die Städte reich. Mancher Leibeigene gelangte in den Stand der freien Bauern,
indem sein Herr, um Geld für die Pilgerfahrt zu bekommen, sich Abgaben und
andere Lasten abkaufen ließ. Viel Leben ist durch die Kreuzzüge geweckt wor-
den, welches später eine Reformation der ins Verderben geratenen Kirche her-
beiführen half. Kappe.
13. Friedrich I., genannt Barbarossa.
3n der Mitte des schwäbischen Landes, fast gleich weit vom Rhein, vom Lech
und vom Bodensee entfernt, erhebt sich der hohe Staufen, ein kegelförmiger
Berg. Hier stand einst die Stammburg eines berühmten deutschen Kaiserhauses,
das den Namen „die Hohenstaufen" führt. Jetzt sind die Trümmer der alten
Heldenburg mit Gras und Disteln überwachsen. Im Bauernkriege (1525) wurde
von der Burg verbrannt, was verbrennlich war. Nach und nach sind auch die
Ringmauern, die festen Türme und die Thore niedergerissen und verfallen.
Kaiser Konrad war der erste aus dem Hause der Hohenstaufen, der die
Kaiserkrone trug. — Nach seinem Tode wählten die deutschen Fürsten einstimmig
unter dem lauten Zurufe des Volkes den Herzog Friedrich von Schwaben
aus demselben Geschlecht. Fünf Tage nach der Wahl krönte ihn der Erzbischof
von Köln zu Aachen.
Friedrich stand im einnnddreißigsten Jahre, als er den Thron bestieg
(1152). Er war von mittlerer Größe und wohlgebaut, fein Haar blond, kurz
abgeschnitten und nur auf der Stirn gekräuselt, seine Haut weiß, seine Wangen
rot und sein Bart rötlich, weshalb die Italiener ihn Barbarossa nannten. Er
hatte schöne Zähne, feine Lippen, blaue Augen, einen heiteren, aber durch-
dringenden und der inneren Kraft sich gleichsam bewußten Blick. Sein Gang
war fest, die Stimme rein, der Anstand männlich und würdevoll, die Kleidung
weder gesucht noch nachlässig. Keinem stand er auf der Jagd und in Leibes-
übungen nach, keinem an Heiterkeit bei Festen; nie aber durfte der Aufwand
in übermäßige Pracht, nie die gesellige Lust in Völlerei ausarten. Seine Kennt-
nisse konnten in jener Zeit, zumal bei der mehr weltlichen Richtung seines Lebens,
nicht umfassend sein, doch verstand er lateinisch und las gern und fleißig die
römischen Schriftsteller. Ungeachtet großen Feldherrntalentes sah er im Kriege
immer nur ein Mittel für den höheren Zweck, den Frieden. Furchtbar und
streng zeigte er sich gegen Widerstrebende, versöhnlich gegen Reuige, herablassend
gegen die Seinen, doch verlor er weder in der Freude noch im Schmerze jemals
Würde und Haltung. Selten trog ihn sein Urteil, fast nie sein Gedächtnis.
Gern hörte er Rat; die Entscheidung aber kam, wie es dem Herrscher gebührt,
stets von ihm selbst. Andächtig an heiliger Stätte und ehrfurchtsvoll gegen Geist-
liche als Verkünder des göttlichen Wortes, verstand er doch, den übertriebenen