1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
13. Friedrich I., genannt Barbarossa.
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Das Hauptstreben seiner Regierung ging dahin, das unter seinen Vor-
gängern gesunkene kaiserliche Ansehen wiederherzustellen, namentlich auch iu Ita-
lien, wo der Papst und die lombardischen Städte seit den Zeiten Heinrichs Iv.
dem Kaiser weigerten, was ihm gehörte. Er unternahm deshalb sechs Feldzüge
nach jenem Lande; auf dem fünften aber verweigerte sein mächtiger Vetter,
Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen, ihm den ferneren Bei-
stand, und obwohl Friedrich die Kniee des stolzen Herzogs flehend umfaßte, zog
dieser dennoch mit seinen Truppen ab. Die Folge davon war, daß der Kaiser
bei Leguano im Jahre 1176 von den lombardischen Städten völlig geschlagen
wurde und ihnen bedeutende Rechte einräumen mußte.
Heinrich der Löwe war unzweifelhaft nächst dein Kaiser der größte Fürst
seiner Zeit. Er hatte einen festen, durch ritterliche Übungen aller Art gekräf-
tigten Körper, ein offenes Gesicht, große schwarze Augen, dunkeles Haar und
einen starken, schwarzen Bart. Er war ein Feind aller Trägheit und Üppigkeit,
tapfer, streng, ausdauernd, überhaupt iu vieler Beziehung seinem Vetter, dem
Kaiser, ähnlich. Doch überleuchtete im ganzen das blonde Geschlecht der Hohen-
staufen das braune der Welfen (so hieß die Familie Heinrichs nach seinem Ur-
großvater Welf), und bei aller Trefflichkeit ist keiner aus diesem Hause dem
rotbärtigen Friedrich an Heldensinn und Kriegsmut gleichzustellen.
Heinrich suchte sich im Norden von Deutschland in unablässigem Kampfe mit
Friesen und Slaven ein großes und unabhängiges Reich zu gründen. Er grollte
daher dem Kaiser, der ihm in Italien nutzlos deutsches Blut zu vergeuden schien,
und schon während eines früheren Römerzuges desselben hatte er, nur um ihm
nicht Beistand leisten zu müssen, einen Kreuzzug unternommen. Von diesem zurück-
gekehrt, ließ er auf dem Markt zu Brauuschweig einen steinernen Löwen als
Sinnbild seiner Macht errichten. Als er nun aber mit dem Kaiser offen gebrochen
und der Bruch die Niederlage bei Leguano verursacht hatte, erfolgte bald sein
Sturz. Aus Italien heimgekehrt, zog Friedrich ihn vor, das Reichsgericht und
erklärte ihn, da er auf dreinialige Ladung nicht erschien, in die Acht. Alle alten
Feinde Heinrichs, alle, die durch seinen Fall zu gewinnen hofften, brachen auf
gegen den letzten Welfen, dem nur Sachsen treu blieb. Seines Namens würdig,
schlug der Löwe grimmig um sich her und tilgte zum Teil den Schandfleck des
Verrates durch den Ruhm ungenieiuer Tapferkeit. Bis ins dritte Jahr blieb er
unbesiegt, obwohl Friedrich selbst gegen ihn ausgezogen war. Den Landgrafen von
Thüringen nahm er sogar gefangen. Als aber der Kaiser einen neuen großen Zug
gegen ihn aufbrachte, ward der Herzog iu Stade eingeschlossen. Niemand blieb ihm
treu als die Stadt Lübeck, die sich dem Kaiser nicht eher ergab, als bis sie sich von
dem Löwen, dem sie ihre schönsten Freiheiten verdankte, die Erlaubnis eingeholt hatte.
Da Heinrich nunmehr alles verloren sah, ließ er durch den freigelassenen
Landgrafen Ludwig von Thüringen um Frieden bitten und fügte sich in die
Gewalt des Kaisers, um von dessen Großmut wenigstens seine Erblande zurück-
zuerhalten. Zu Erfurt bat er ihn fußfällig um Gnade. Da regte sich die alte
Milde wieder in des Kaisers Herzen, und er hob den gedemütigten Löwen
gütig auf und schloß ihn weinend in seine Arme, alter Zeit der Freundschaft
und Waffenbrüderschaft eingedenk. Doch bestand er unerbittlich auf der Zer-
trümmerung der Welfenmacht, und weil er die Gefahr großer Herzogtümer