1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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36. Aus dem siebenjährigen Kriege.
Tag gehabt." Sie antworteten, sie seien leider nicht gut geführt worden. „Nun, habt
nur Geduld", fuhr Friedrich fort, „ich werde alles wieder gut machen." Fr. Kugler.
2. Roßbach. Friedrich selbst begab sich nach Thüringen, um zuerst die
Gefahr abzuwenden, welche feinem Reiche durch das Vorrücken der Franzosen unter
Soubise drohete. Nachdem schon vorher der kühne Reitergeneral Seydlitz den
französischen Befehlshaber mit vielen Offizieren durch einen entschlossenen Überfall
aus Gotha versagt und nebst vielen Gefangenen das ganze Gepäck der Franzosen
weggenommen hatte, kam es bei Roßbach zur entscheidenden Schlacht zwischen
Friedrich und den Franzosen, mit welchen die deutschen Reichstruppen vereinigt
waren. Des Königs Heer zählte nur 22 000 Mann, das der Feinde über
60 000; auch kannte der Übermut der Franzosen beim Anblicke des kleinen Häufleins
der Preußen keine Grenze. Als am Tage vor der Schlacht Friedrich durch eine
Bewegung des französischen Heeres sich veranlaßt sah, auch seine Stellung zu ver-
ändern, jubelte man im feindlichen Lager schon wie über einen Rückzug. Alles,
was Soubise an Trommelschlägern und Spielleuten hatte, muße Siegesme-
lodieen, wie über eine gewonnene Schlacht, anstimmen. Die französischen Offi-
ziere witzelten: es geschehe dem Herrn Marquis von Brandenburg viel Ehre,
daß man sich mit ihm erst in einen Krieg einlasse. Schon meinte man, den
Preußenkönig mit seinem ganzen Heere gefangen zu nehmen, und sandte im
voraus Boten nach Paris, dies anzukündigen. Der Morgen des 5. November
(1757) brach an: Friedrich weilte ruhig in seinem Lager zu Roßbach und erhielt
die Kunde, daß die Feinde sich anschickten, ihn von allen Seiten einzuschließen.
Er blieb den ganzen Vormittag, als ahne er nichts von der drohenden Gefahr;
nur in der Stille ließ er alles zum Aufbruch vorbereiten: es wurde noch die
Mittagstafel angerichtet, und der König setzte sich mit seinen Generalen ruhig
zu Tische. Die Franzosen waren entzückt, daß er so in die Falle gehe. Plötz-
lich, erst gegen 3 Uhr, giebt er den Befehl zum Ausrücken, in kaum einer hal-
den Stunde ist das ganze Lager abgebrochen. Die erstaunten Franzosen ver-
glichen es selbst mit der Verwandlung einer Theaterdekoration. Friedrich versammelt
eilig die Führer seiner kleinen Armee und spricht zu ihnen: „Die Stunde ist
gekommen, wo alles, was uns teuer ist, von unsern Waffen abhängt.
Ihr wißt, daß es keine Beschwerde, keinen Hunger, keine Kälte,
keine Nachtwachen und Gefahren giebt, die ich nicht bis jetzt mit
euch geteilt habe, und ihr seht mich bereit, mein Leben mit euch
und für euch hinzugeben. Alles, was ich dafür verlange, ist die-
selbe Treue und Freundschaft. Jetzt benehmt euch wie herzhafte
Leute und vertraut aus Gott." -— „Wir wollen mit dir sterben!"
war die Antwort der Krieger. Mit dem Rufe: „Vorwärts!" und indem er
seine Tabakspfeife hoch in die Luft schleudert, giebt Seydlitz das Zeichen zum
Angriffe und dringt an der Spitze seiner trefflichen Reiterscharen unwidersteh-
lich in die Haufen der daherziehenden Feinde ein. Ehe dieselben sich irgendwo
zu einer Schlachtlinie sammeln können, werden sie bald hier, bald dort von
den stürmenden Reitern über den Hausen geworfen. Alles wendet sich zur
Flucht, in einem tiefen Hohlwege aber fällt eine große Zahl der Feinde den
Preußen in die Hände. Friedrich hat unterdessen sem Fußvolk nebst dem Geschütz
gegen die feindliche Infanterie vorrücken lassen und auch diese bald in gänzliche