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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 290

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
290 36. Aus dem siebenjährigen Kriege. Reih und Glied. Das Kriegsgeschrei verbreitete sich wie ein Lauffeuer durchs ganze preußische Lager; alles stürzte aus den Zelten, und in einigen Augenblicken, trotz der unaussprechlichen Verwirrung stand der größte Teil der Infanterie und der Kavallerie in Schlachtordnung. Der anbrechende Tag diente nicht, die Ver- wirrung zu vermindern, denn ein dicker Nebel lag auf den streitenden Heeren. Das Dorf Hochkirch stand in Flammen und wurde dennoch von den Preußen aufs tapferste verteidigt. Der Sieg schien von dem Besitze desselben abzuhängen, daher Daun immer frische Truppen zum Angriffe anrücken ließ. Nur 600 Preußen waren hier zu besiegen, die, nachdem sie kein Pulver mehr hatten, den kühnen Versuch machten, sich durch die große Menge Feinde durch- zuschlagen. Ein kleiner Teil war so glücklich, es zu bewirken; das Los aller übrigen war Tod, Verwundung oder Gefangenschaft. Nun rückten ganze Regi- menter Preußen an und schlugen den Feind wieder aus dem Dorfe. Hier war sodann der Hauptplatz des blutigsten Kampfes. Eine Kanonenkugel nahm dem Prinzen Franz von Braunschweig den Kopf weg; der Feldmarschall Keith bekam einen Schuß in die Brust, stürzte zu Boden und gab ohne einen Laut seinen Heldengeist auf; auch der Feldmarschall Fürst Moritz von Dessau wurde tödlich verwundet. Die Preußen, von vorn und im Rücken angegriffen, mußten wei- chen, und die österreichische Kavallerie hieb nun mit Vorteil in die tapfersten Regimenter des preußischen Fußvolkes ein. Der König führte in Person frische Truppen gegen den Feind an, der abermals zurückgeschlagen wurde; die öster- reichische Reiterei aber vernichtete wieder die Vorteile der Preußen. Der Nebel verzog sich endlich, und beide Heere übersahen nunmehr den mit Leichen besäeten Wahlplatz und die allenthalben herrschende Unordnung. Man formierte nun von beiden Seiten neue Schlachtordnungen. Als aber der König feindliche Truppen vorn und im Rücken gewahrte, zog er seine tapferen Scharen mitten unter diesem Mordgetümmel zusammen und machte nach einem fünfstündigen, verzweifelten Gefechte einen Rückzug, dem nichts als ein zwei- tausendjähriges Alter fehlt, um von allen Zeugen gepriesen zu werden. Die österreichische Armee war in zu großer Unordnung, um einen solchen Rückzug zu stören; überdies hatte Daun schon bei Kollin zu erkennen gegeben, sein Grundsatz sei, daß man einem fliehenden Feinde goldene Brücken bauen müsse. Der Marsch Friedrichs ging nicht weit. Nur eine halbe Meile vom Walplatze, auf den sogenannten Spitzbergen, lagerte er sich mit seinen Truppen, die den größten Teil ihrer Artillerie und Bagage verloren, den kurzen Rock in der rauhen Jahreszeit zur Decke und den Himmel zum Zelte hatten. Es fehlte ihnen sogar an Pulver und Kugeln, diesem größten Bedürfnisse der europäischen Heere. Ein neues Treffen in dieser Lage hätte die alten Schlachten erneuert, wo Manu gegen Mann focht, und jeder sich aus seine Faust verließ. Die Stellung des Königs war indessen so vorteilhaft, die Mittel, allen Gefahren Trotz zu bieten, waren bei ihm so mannigfaltig und seine Truppen, selbst in ihrem geschlagenen Zustande, noch so furchtbar, daß Daun keinen neuen Angriff wagen wollte. Die preußische Armee verlor an diesem unglücklichen Tage, nebst dem Gepäcke, über 100 Kanonen und 9000 Mann, die Österreicher 8000 Mann. Der König hatte sich ins stärkste Feuer gewagt; ein Pferd wurde ihm unter dem Leibe erschossen, und zwei Pagen stürzten tot an seiner Seite nieder.
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