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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 300

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
300 42. Preußens Erhebung. ten Preußen zerstückelt, ausgesogen, den König und seine edle Gemahlin — die ruhte nun schon im Grabe — verhöhnt. Der König war kaum noch Herr in seinem Lande. Mit frechem Übermut hatten sie das Volk zertreten. Jetzt oder nie war der Augenblick erschienen, wo man die Ketten sprengen konnte. Man wartete sehnsüchtig, daß der König das Zeichen zum Losschlagen geben sollte. Und der erließ endlich am 3. Februar einen Ausruf, sich freiwillig zum Schutze des Vaterlandes zu bewaffnen. Es war nicht gesagt, wem das gelte, es war auch nicht nötig, jeder wußte es. Der König hatte nach den vielen bitteren Erfahrungen seines Lebens kaum zu hoffen gewagt, daß der Aufruf eine tiefe Wirkung hervorbringen werde. Aber wie sollten seine kühnsten Hoffnungen weit übertroffen werden! Die Begeisterung ergriff alle Stande. Jünglinge und Männer verließen Beruf und Familie, um das Vaterland zu befreien. In Berlin allein ließen sich neuntausend junge Leute in die Liste eintragen. Als der König von solcher Begeisterung hörte, entrollten Thränen seinen Augen. Nicht länger zauderte er, den schweren Kamps zu beginnen. Am 16. März wurde der Krieg an Frankreich erklärt. Am 17. März erließ er den „Aufruf an mein Volk!" Darin heißt es: „So wenig für mein treues Volk, als für alle Deutschen bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Klar liegen sie dem unverblendeten Sinne vor Augen. Wir erlagen unter der Über- macht Frankreichs; der Friede schlug uns tiefere Wunden, als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen, der Ackerbau sowie der Kunstfleiß der Städte gelähmt; die Hauptfestungen blieben vom Feinde besetzt. Übermut und Treulosigkeit vereitelten meine besten Absichten, und nur zu deutlich sahen wir, daß Napoleons Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt fft der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung aufhört. Branden- burger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was euer trauriges Los sein wird, wenn wir den Kampf nicht ehrenvoll endigen. Große Opfer werden von allen gefordert werden, denn unser Beginnen ist groß und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Aber welche Opfer auch gefordert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängkeit, unsern Wohlstand. Keinen andern Aus- weg giebt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil ehrlos der Preuße und Deutsche nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit!" Zugleich wurde eine Verordnung wegen Errichtung der Landwehr im ganzen Umfange des Reiches erlassen: „Mit Gott für König und Vater- land!" sollte ihr schöner Wahlspruch sein. Mit demselben Wahlspruch hatte der König wenige Tage zuvor, am Geburtstage der Königin Luise, am 10. März, den Orden des eisernen Kreuzes als Auszeichnung für die Helden des Befreiungskrieges gestiftet, um der patriotischen Begeisterung durch das Andenken der teuren Verklärten eine höhere Weihe zu erteilen. Des Königs Aufruf ent- flammte diese Begeisterung zu dem herrlichsten Feuer. „Der König ries und
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