1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
310
51. Der große deutsche Vrieg von 1866.
Macht darin erhielte wie Österreich. So war der Krieg unvermeidlich, und es
bedurfte nur eines Anlasses, ihn ausbrechen zu machen. Als nun in Holstein
General von Gablenz die Stände des Landes berief, um mit ihnen ohne Preu-
ßens Mitwirkung über die Erbfolge zu beraten, erklärte General von Manteuffel
den Vertrag von Gastein für gebrochen und rückte am 7. Juni 1866 über die
Eider, um Preußens Rechte zu wahren. Gablenz wich ihm aus und zog mit seinen
5000 Mann Österreichern nach Altona und von dort auf großen Umwegen in seine
Heimat. Der Kaiser von Österreich aber übertrug jetzt gegen seine früheren Zusagen
dem Bundestage die Regelung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit, und am
14. Juni beschloß der Bund durch Stimmenmehrheit, die Reichsarmee aufzubieten,
und mit Gewalt Preußen zum Aufgeben seiner Stellung in Holstein zu zwingen.
Damit war der Krieg erklärt: mit dem Schwerte mußte nun entschieden werden, ob
das alte Österreich oder das junge Preußen die Geschicke Deutschlands lenken sollte.
3. Eine bange Stimmung lag auf Norddeutschland; niemand konnte ja
wissen, wie lange der furchtbare Krieg dauern und welchen Ausgang er nehmen
würde; auch lag es nahe zu vermuten, daß Frankreich sich in die deutschen
Händel einzumischen Lust habe. Aber die ersten Erfolge des preußischen Heeres
ließen die Vaterlandsliebe in hellen Flammen auflodern. Da Sachsen, Kurhessen
und Hannover es ablehnten, mit Preußen ein Bündnis einzugehen, so ging
General Manteuffel am 16. Juni bei Harburg über die Elbe und bemächtigte
sich mit außerordentlicher Schnelligkeit des größten Teiles des Königreichs Han-
nover, um seinem König den Rücken zu decken; gleichzeitig drangen Herwarth
von Bittenfeld und Prinz Friedrich Karl in Sachsen ein und besetzten die
Hauptstadt Dresden. Der fromme König Wilhelm aber befahl, daß am 27. Juni
ein allgemeiner Bettag abgehalten würde; ehe die große Entscheidung herankäme,
wollte er erst mit seinem Volke den Beistand des Höchsten erflehen. Von nun an
war der feste und einmütige Wille des preußischen Volkes aus Abwehr der Unbill
und auf Verteidigung des Vaterlandes gerichtet: Siegesvertrauen erhob alle Gemüter.
4. Die Hauptmacht der Österreicher war in Böhmen unter dem berühmten
General Benedek versammelt. Um nun die Leiden des Krieges dem eigenen
Lande möglichst zu ersparen, beschloß König Wilhelm rasch dem Feinde zuvor-
zukommen und sein Heer in Böhmen einmarschieren zu lassen. Aber durch die
engen Gebirgspässe konnten so ungeheure Massen nicht auf einer Straße sich
vorwärts bewegen; daher hatte der Freiherr von Moltke, das Haupt des
preußischen Generalstabes, den Plan entworfen, daß das preußische Heer gleich-
zeitig in drei Hauptabteilungen von drei Seiten her in Böhmen eindringen und
sich dann am Fuß der Gebirge wieder vereinigen sollte. Die westliche oder Elb-
armee stand unter dem General Herwarth von Bittenfeld, die dann fol-
gende erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl, die östliche oder zweite
Armee unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm.
Benedek suchte nun die einzeln ans den Gebirgspässen hervorkommenden
Heeresabteilungen zu zermalmen. Aber die erste Armee schlug die ihr entgegen-
gesandteii Österreicher am 25. Juiii bei Liebenau und Turnau und in dem
Nachtgefecht bei Podol; am 26. Juni traf auch die Elbarmee auf den Feind
bei Hünerwasser, drängte ihn zurück und konnte sich nun mit der ersten
Armee in Verbindung setzen. Gleichzeitig war das Heer des Kronprinzen von