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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 338

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
338 57. Die Lüneburger Leide. gänzlich vergessen, daß wir in der Heide sind. Nicht weniger als 30 Geviert- Meilen sind mit Wald bedeckt; einzelne Forsten haben eine beträchtliche Größe. Den Hauptbestand der Wälder bildet die Kiefer; aber wo Höhen oder Niede- rungen bessern Boden tragen, da ladet uns der Schatten glattstämmiger Buchen und schöner, kräftiger Eichen ein. Von Hannovers berühmten Bäumen steht eine gute Anzahl in der Heide. In früherer Zeit ist der Waldreichtum noch größer gewesen, wie das die in den Mooren liegenden Kiefern und die an vielen Stellen der Heide stehenden verkrüppelten Eichen beweisen. — Einen reichen Erwerb gewährt an vielen Stellen das Sammeln der Waldbeeren. 1862 wurden allein auf der Eisen- bahn 1563 Zentner Heidelbeeren, 2752 Zentner Kronsbeeren und 206 Zentner Wachholderbeeren aus dem Allergebiet nach Harburg befördert; 10000 Hunten sendeten die Forstbezirke Fallingbostel und Bergen über Soltan dahin. In den dünn bevölkerten Gegenden, wo nicht 1000 Menschen auf einer Quadrat-Meile leben, zählt man 6oo Bienenstöcke und 4—5000 Schafe auf demselben Raume. Die Pferde und Kühe der Heide sind durchweg kleiner als die der Marsch; indes haben manche Dörfer und Güter, welche bessern Boden besitzen oder Koppelwirtschaft treiben, einen trefflichen „Viehstapel" auszu- weisen. Viele Bienenzüchter oder Imker ziehen im Frühjahre in die Marsch, wo Raps, Klee, Bohnen, Linden- und andere Blüten den fleißigen Tieren eine reiche Weide gewähren; nachher wandern sie zu den Bnchweizenfeldern und zuletzt, wenn die Heide sich weit und breit mit den roten Glöckchen behängt hat, leistet der Imker dem Schäfer Gesellschaft, der hinter den Schnucken seine „Hasen" (Strümpfe) strickt. — Wer ein Auge für den Reichtum hat, den die Natur im Kleinen ent- faltet, findet in Wald und Heide, in Bruch und Moor manches Gewächs und manches Tier, das er nicht zu finden glaubte. Auf dürrem Boden und an Birkenstämmen gedeiht die graue Renntierflechte; unter der Heide rankt der Bärlapp („Krähenfuß") am Boden fort; wo modernde Moose und Binsen dem Torflager neue Schichten zuführen, blüht der tiefblaue Enzian, der beperlte Sonnentau, das seidenhaarige Wollgras und der duftige Gagel oder Porst. An den Bächen schaukeln sich lange, fadenförmige Flußranunkeln; zwischen dem Schilf ruhiger Teiche wiegen sich gelbe Schwertlilien und rote Doldenlilien; weiße Seerosen und gelbe Teichrosen tauchen aus der Tiefe auf. Die Wiesen schmücken sich mit Kuckucks-Blumen und Knabenkraut, mit Schaumkraut und gelben Ranunkeln und mit Doldengewächsen aller Art. — Zahlreiche Spinnen hängen ihr Gewebe an Heide, Halm und Busch; auf langen, leichten „Som- merfüden" fahren einige Arten im Herbst durch die Luft. Ameisenlöwen lauern in ihren Sandgruben auf Beute; Schlupfwespen suchen lebende und tote Tiere, um ihre Eier hineinzulegen. Leichte Wasserjungfern stürmen durch die Luft oder wiegen sich ruhig in der Sonne; Millionen von Larven berauben die Nadelwälder ihres Schmuckes oder graben sich Gänge durch das Holz der Stämme und das Fleisch der Pilze. In Erdlöchern zirpen scheue Grillen; Heuschrecken hüpfen auf Wiese und Anger; Käfer, zum Teil golden glänzend, suchen ihre Wege unter Halmen und Moos; Schmetterlinge eilen von Blüte zu Blüte, und in der Dämmerung suchen sich Motten und Eulen ihre Nahrung.
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