1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
64. Bergmannsleben.
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noch hin und wieder. Von Haustieren sind im Harz Ziegen und Schafe, mehr
noch Schweine, besonders aber Rindvieh zu nennen.
4. Die größten Reichtümer des feaxfrez aber bestehen in Metallen,
welche durch den Bergbau zu Tage gefördert, in Schmelzhütten geschieden, in
Hanimerwerken und Fabriken verarbeitet werden: Silber, Eisen, Kupfer, Blei,
Zink, Schwefel, Vitriol ist reichlich vorhanden. Die bedeutendste Silbergrube
ist bei Andreasberg in der Berghauptmannschaft Klausthal. Trotzdem werden
die Bergleute und das Volk des Gebirges nicht reich. Die Bergwerke gehören
den Regierungen (Preußen, Braunschiveig, Anhalt) oder reichen Privatleuten.
Wer mit eigenen Händen Erzadern sprengt, schmelzt, hämmert, der hat die
Mühe und nicht den Ertrag. Doch freut den Harzer die gute Ausbeute, als
wäre sie fein; denn er ist arm, aber zufrieden, und der Zufriedene ist am
Ende doch der Reichste.
5. Andere Beschäftigungen der Harzbewohner neben dem Bergbau sind
das Beerenlesen, das Holzhauen, die Kohlenbrennerei und die Vogelstellerei. Die
Beerenleser suchen die gelichteten Stellen des Waldes aus, wo sie Erd- und
Himbeeren in Menge finden, die sie dann zum Verkauf austragen. — Die Köh-
ler führen ein den Sennhirten ähnliches Leben. Ist der Schnee in den Bergen
geschmolzen, so ziehen sie mit ihren zweiräderigen Kohlenkarren fort von Weib
und Kind und kehren erst kurz vor Anbruch des Winters wieder heim. Sie
sind unter allen Harzbewohnern diejenigen, die am längsten im Walde verweilen.
Der Köhlermeister hat wie der Sennhirt seine Handbuben, die ihn bei der
Arbeit unterstützen; auch Glocken klingen beständig um ihn; es sind die Glocken
seiner Pferde, die das Holz auf Schlitten über Moos und Gras aus dem
Walde herbeischaffen. Eine einfache Hütte aus jungen Tannenstämmen ist die
Wohnung der Köhler. In der Mitte ist die Feuerstelle, über welcher an einem
eisernen Haken ein Kessel häiigt. Einige Kisten mit Brot, Mehl, Kartoffeln re.
und breite Bänke als Lagerstätten, auf denen Moossäcke statt der Betten liegen,
vollenden den Hausrat. Mittwochs und Sonnabends kommen gewöhnlich die
Frauen der Köhler, um die nötigen Nahrungsmittel zu bringen. Scheibensuppe,
aus Brot, Wasser, Salz, Butter und Kümmel bestehend, ist die gewöhnliche
Abendspeise. Ein glattes Buchenbrett, das zwischen zivei Stricken in der Schwebe
hängt, und woran mit einem hölzernen Hammer geschlagen wird, dient als
Tischglocke. — Die Vogelsteller verfolgen die armen Vögel mit Leimruten,
Vogelherden und Schlingen. Der Vogelherd besteht aus Netzen, die man in
Rahmen spannt und so an einem offenen Kasten befestigt, daß sie von zwei
Seiten wie ein geteilter Deckel auf den an der Erde stehenden Kasten fallen
können. Eine Schnur zum Zuziehen der Netzdeckel geht nach einem Häuschen,
in 'welchem der Vogelsteller sitzt. Mit den gefangenen Dompfaffen, Zeisigen
und Hänflingen wird ein bedeutender Handel getrieben. Kutzner.
64. Bergmannsleben.
1. Der ist der Herr der Erde,
wer ihre Tiefen misst
und jegdicher Beschwerde
in ihrem Schoss vergisst;
2. wer ihrer Eelsenglieder
geheimen Ban versteht'
und unverdrossen nieder
zu ihrer Werkstatt geht.