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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 362

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
362 72. Deutschland. 72. Deutschland. "Deutschland gehört zu den schönsten Ländern, welche die Sonne begrüßet in ihrem ewigen Lauf. Unter einem gemäßigten Himmel, unbekannt mit der sengenden Luft des Südens, wie mit der Erstarrung nördlicher Gegenden, in der größten Abwech- selung, der reichsten Mannigfaltigkeit, köstlich für den Anblick, erheiternd und erhebend für das Gemüt, bringt Deutschland alles hervor, was der Mensch bedarf zur Erhaltung und zur Förderung des Geistes, ohne ihn zu verweich- lichen, zu verhärten, zu verderben. Der Boden ist fähig zu jeglichem Anbau. Hier scheint sich die Zeugungskraft gesammelt zu haben, die dort versagt ward. Unter dem bleibenden Schnee der Alpen dehnen sich die herrlichsten Weiden aus, von der Wärme doppelt belebt, die an jenem wirkungslos vorüberging. An der kahlen Felswand ziehet sich ein üppiges Thal hinweg. Neben Moor und Heide, nur von der bleichen Binse und der Brombeerstaude belebt, und mensch- lichem Fleiße nichts gewährend, als die magere Frucht des Buchweizens und des Hafers, erfreuen das Auge des Menschen die kräftigsten Fluren, geeignet zu den schönsten Saatfeldern und zu den herrlichsten Erzeugnissen des Gartenbaues. Fruchtbäume prangen in unermeßlicher Menge und in jeglicher Art, vom sauern Holzapfel bis zur lieblichen Pfirsiche. Hoch auf den Bergen des Landes erhebt unter Buchen und Tannen die gewaltige Eiche ihr Haupt zu den Wolken empor und blickt über Abhänge und Hügel hinweg, welche den köstlichsten Wein erzeu- gen, die Freude der Menschen, in der Ferne, wie in der Nähe gesucht und gewünscht von Hohen, wie von Geringen. Überfluß gewähret das Land an nützlichem Vieh, an kleinem, wie an großem, für des Menschen Arbeit, Zweck und Genüsse. Das Schaf trägt Wolle für das feinste Gespinst, der Stier verkündiget Kraft und Stärke in Bau und Gestalt, das Pferd geht tiichtig einher im Fuhrwerk, prächtig vor dem Wagen der Großen und stolz als Kampfroß unter dem Krieger, hier ausdauernd und dort. In ihrem Innern verbirgt die Erde große und reiche Schätze. Aus vie- len und unerschöpflichen Quellen sprudelt sie freiwillig dem Menschen Heilung zu und Gesundheit und Heiterkeit. Den fleißigen Bergmann belohnt sie bald mit dem edelsten Gewürze, dem Salze, bald mit Silber und Gold, hinreichend für den Verkehr und die Verzierung des Lebens, bald mit Eisen in Menge, dem Manne zur Waffe und Wehr, zu Schutz und Schirm dem Volke. Ein solches Land, mit so reichen Gaben, Eigenschaften und Kräften aus- gestattet, ist von der Natur unverkennbar bestimmt, ein großes und starkes Volk zu ernähren in Einfalt und Tugend, und eine hohe Bildung des Geistes in diesem Volke durch Übung und Anstrengung zu erzeugen, zu erhalten, zu fördern. Auch ist das Land nicht umsonst bestimmter Grenzen beraubt, gegen Mor- gen wie gegen Abend, und selbst gegen Mitternacht. Die Bewohner können sich gegen den Neid, die Habsucht und den Übermut fremder Völker aus nichts verlassen, als auf ihre eigene Kraft. Es giebt für sie keine Sicherheit, als in ihrem festen Zusammenhalten, in ihrer Einigkeit, in ihrer sittlichen Macht.' Endlich ist den Bewohnern dieses Landes durch große und schöne Ströme das Meer geöffnet und der Zugang zur Welt. Aber das Meer drängt sich nicht so verführerisch an sie hinan, oder zwischen sie hinein, daß sie verlockt und dem
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