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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 363

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
73. Die Deutschen 363 heimatlichen Boden entfremdet werden könnten. Vielmehr kann der edlere Mensch dem Gedanken an eine deutsche Erde und an einen deutschen Himmel nicht ent- gehen, und dieser Gedanke scheint in ihm dw Sehnsucht erhalten zu müssen zu der Welt seiner Geburt und die Liebe zu dem Boden seines Vaterlandes. Luden. te Deutschen stammen nur von einem Volke, von den Germanen, ab. Das reinste Volk ist dasjenige der sächsischen Ebene und Hessens, bei diesem finden sich noch die blonden Haare, die blauen Augen, der höchste und schlankste Wuchs. Die östlichen Völker haben sich mit den Slaven vermischt. Die Völ- ker des Südens, unter welche sich ohne Zweifel Überbleibsel der früheren Bevöl- kerungen verloren, haben kastanienbraune oder dunkelbraune, bisweilen schwarze Haare, graue oder braune, selten schwarze Augen, und einen kleinen, plumpen Körperbau; an den Bayern bemerkt man einen kleineren Kopf, als an den West- falen und Hessen. Der Deutsche wird geboren, um viel in der Welt der Seele zu leben; sein Leben ist mehr innerlich; Herz und Verstand sind bei ihm thätiger, als die Sinne, und seine größten Genüsse sind die der Empfindung und des Gedankens. Darum bedarf er der Stille und Ruhe. Er zieht das Lesen der Unterhaltung, das Nachdenken der mündlichen Erörterung, einen Kreis von Freunden zahl- reichen Gesellschaften, Zufriedenheit des Herzens dem Vergnügen zu glänzen, und das freundliche Familienleben der großen Welt vor. Er ist wie sein Vater- land heiter und ernst. In den Thälern des Neckar und Main, an den Rhein- ufern, in den Gebirgen Thüringens ist die Natur lieblich und mild, grün, frisch, malerisch; aber die Farben sind blaß, und lange, strenge Winter folgen bald auf die schönen Sommertage. Der Deutsche besitzt daher uicht die lärmende und leichtfertige Fröhlichkeit der Franzosen, auch nicht das ernste, gesetzte Wesen der Engländer; im Innern seiner Seele wohnt eine unbefangene, ruhige Freude, welche das ganze Leben erheitert, ohne es zu zerstreuen. Der Deutsche hat viel Gemütlichkeit, seine Neigungen sind zärtlich und tief und machen ihm die größ- ten Aufopferungen leicht. Es giebt keine Nation, welche ihren Fürsten so von Herzen zugethan ist, wie die deutsche, und welcher das Gehorchen weniger schwer ankomnit; auch ist sie die einzige, welche nie den Thron ihrer Herrscher durch Meuchelmorde oder gerichtliche Morde besudelt hat. Der Deutsche hat einen überaus gutmütigen und sanften Charakter und gerät seltener in Zorn, als dies unter anderen Nationen vorkommt. Er ist beständig in Liebe und Freund- schaft, beharrlich in seinen Unternehmungen, welche er immer mit Überlegung beginnt, unermüdlich in seinen Arbeiten. Er ist geduldig, er kann den Augen- blick erwarten, wo der blühende Baum seine Früchte bringt, und eine Zeitlang eines Gutes entbehren, welches ihm einst werden muß und dessen er sich durch eine willkürliche Handlung bemächtigen könnte; er erträgt großes Mißgeschick, ohne niedergeschlagen zu werden, große Ungerechtigkeiten, ohne sich der Rache hinzugeben, er weiß die Sache Gott anheim zu stellen; aber dieses Vertrauen artet nicht in blinde Unterwürfigkeit und die Geduld nicht in Mangel an That- kraft aus. Die Treue und Redlichkeit der Deutschen unterscheidet dieses Volk noch jetzt von seinen südlichen und westlichen Nachbarn, welche sein biederes 73. Die Deutschen
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