Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 366

1888 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
366 76. Neapel und der Vesuv. naturgemäß; an der Verfassung, an dem geselligen Zustande, an den Sitten des Auslandes wird er stets etwas auszusetzen finden; er kann sie nicht anders als mit mitleidigem oder verachtungsvollem Blicke betrachten; und er glaubt gern, daß außer dem englischen Volke, welches ihm allein das Mannesalter erreicht zu haben scheint, alle andern Völker noch Kinder sind. Die Völker, welche nur Eitelkeit besitzen, fassen eine hohe Meinung von sich; die Nationen, welche stolz sind, zeigen sich viel mehr geneigt, eine schlechte Meinung von andern zu fassen. Das unterscheidet England hauptsächlich von allen anderen Ländern; diese Verach- tung des Freniden ist das Gefühl, welches die Gebildeten nur mit Mühe unter den hergebrachten Formen der Höflichkeit verhüllen können und welches die untern Klassen nackt aussprechen. Dieses eigentümliche Gepräge des Geistes paßt für ein Volk, welches nach Größe strebt; denn die Meinung, welche man von sich hat, ist ein Teil der Kraft, und die unternehmendsten Völker sind immer die- jenigen, welche sich eine zu große Bedeutung zuschreiben. Aber im Zustande des Friedens wird es zu einem Hindernis der Annäherung und der Vereinigung, denn von diesem Gesichtspunkte aus kann nian weder andere Länder noch sein eigenes Vaterland begreifen. Die Engländer bewundern sich zu sehr, um über sich urteilen zu können, und achten das Ausland zu wenig, um eine richtige Anschauung von ihm zu haben; die Unparteilichkeit, dieses wesentliche Grund- erfordernis jeder Untersuchung, fehlt ihnen. v. Reden. 76. Neapel und der Vesuv. Süd-Italien ist unstreitig der fruchtbarste und gesegnetste Teil von ganz Italien, darin die prächtige Stadt Neapel am Meere, mit dem Vesuv in der Nähe. Die Lage ist reizend schön und wird nur von den Umgebungen Konstantinopels übertrofsen. Der Himmel erscheint hier monatelang ununter- brochen wolkenlos und so blau oder noch blauer, als bei uns in den schönsten Frühlingstagen. Die Luft ist so rein, daß meilenweit entfernte Dörfer ganz nahe erscheinen. Das südliche Meer ist dem nördlichen gegenüber ein anderes. Wer je das Meer oder tiefe Seeen betrachtet hat, der weiß, wie sehr ihre Schönheit von der Farbe der Luft abhängt, und wie ein grauer Himmel nur immer aus ein graues Wasser niederscheint. Sobald man aber in Neapel sich vom Ufer so weit entfernt hat, daß der Grund nicht mehr durchscheint, ist die See, besonders im Schatten des Fahrzeugs, vom schönsten, reinsten Jndigoblau; doch wechseln die Farben beständig in den mannigfaltigsten Abstufungen. Über- blickt man vom hohen Ufer die Wasserfläche, und es naht ein Wind vom Meer her, so verdunkelt sich das Gewässer in weiter Ferne; ein breiter Schatten rückt allniählich näher. Der glatte, silberne Spiegel gerät in schwankende Bewegung; kleine Wellen erheben sich und schlagen plätschernd, wie zum Spiel, ans Ufer. Aber schon folgen größere; lange Bänke griiner Wogen kommen brüllend; ihre weißen Häupter und Kämme erheben sich immer wilder; donnernd prallen sie an den Strand und brechen zurückschmetternd die nächste Linie der andringenden Wasserhügel. Herrlich ist auch der hüpfende Sonnenglanz auf dem mäßig beweg- ten Meer. Geht die Sonne unter, so spielen auf dem Meere alle Farben des Regenbogens. Nachts, besonders im Sommer und nach Gewittern, schimmern die Wellen in mattem Lichte; um des Fischers Ruder sprühen Funken, und die
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer