1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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87. Blick ins Weltall.
Punkte nennt man die Pole. Gleichsam um diese Axe herum dreht sich die Erde
in vierundzwanzig Stunden, nicht nach der Sonne, sondern gegen die Sonne;
und der Morgen und Mittag und Abend, das heilige Osterfest und sein Glocken-
geläute wandeln in vierundzwanzig Stunden um die Erde herum und erscheinen
nie an allen Orten zu gleicher Zeit, sondern in Wien zum Beispiel sechsund-
fünfzig Minuten früher als in Paris. Während aber die Erde den Morgen
und den Abend und zu seiner Zeit das heilige Osterfest in vierundzwanzig
Stunden gleichsam um sich herumspinnt, bleibt sie nicht an dem nämlichen Ort
im unermeßlichen Weltraum stehen, sondern sie bewegt sich unaufhörlich und
mit unbegreiflicher Geschwindigkeit in einer großen Kreislinie in dreihundertsünf-
undsechzig Tagen und ungefähr sechs Stunden um die Sonue herum und wieder
auf den alten Ort. Deswegen und weil alsdann nach dreihundertfünfundsechzig
Tagen und ungefähr sechs Stunden alles wieder so wird und alles wieder so
steht, wie es vor eben so viel Zeit auch gestanden hat, so rechnet man dreihun-
dertfünfundsechzig Tage zu einem Jahre und spart die sechs Stunden vier Jahre
lang zusammen, bis sie auch vierundzwanzig Stunden ausmachen; denn man
darf nichts von der kostbaren Zeit verloren gehen lassen, deshalb rechnet man
je auf das vierte Jahr einen Tag mehr und nennt es das Schaltjahr. Der
Frühling beginnt um den einundzwanzigsten März; die Sonne steht gleich weit
von beiden Polen der Erde, Tag und Nacht sind gleich. Die Sonne scheint
immer näher zu kommen und immer höher am Himmel aufzusteigen, der Tag
und die Wärme nehmen zu, die Nacht und die Kälte nehmen ab. Der Sommer
beginnt um den einundzwanzigsten Juni. Alsdann steht die Sonne am höchsten
über unserm Haupte, und dieser Tag ist der längste. Von da an kommt die
Sonne immer schiefer gegen uns zu stehen, und die Tage werden kürzer. Der
Herbst beginnt am einundzwanztgsten September. Tag und Nacht sind wieder
gleich, die Tage und die Wärme nehmen immer ab, die Nächte und die Kühle
nehmen zu. Der Winter beginnt am einundzwanzigsten Dezember. Der Leser
verschläft alsdann die längste Nacht, und die Sonne steht so tief, daß sie ihm
noch früh um neun Uhr durch des Nachbars Kaminhut in das Stllblein schauen
kann, wenn die Fensterscheiben nicht gefroren sind. — Hieraus ist zu gleicher Zeit
zu erkenneu, daß uie auf der ganzen Erde die nämliche Jahreszeit herrscht.
Denn zu gleicher Zeit und in gleichem Maße, wie sich die Sonne von unsern!
Scheitelpunkt entfernt, oder wir von der Sonne, kommt sie höher über diejenigen
zu stehen, welche gegen den andern Pol hinaus wohnen, und umgekehrt ebenso.
2. Der Mond.
^er Leser wird nun recht begierig sein, auch etwas Neues von dem Monde zu
erfahren, der ihm nachts so oft in die Fenster scheint. Erstlich: Der Mond ist auch
eine große Kugel, die im unermeßlichen Welträume schwebt, nicht anders, als die
Erde und die Sonne; aber in seiner körperlichen Btasse ist er fünfzigmal kleiner,
als die Erde, und nur ungefähr 50 000 Meilen von ihr entfernt. Zweitens: Der
Mond, wie die Sonne, scheint sich in vierundzwanzig Stunden um die Erde
herumzudrehen. Es scheint nur so, und in Wahrheit kommt das Erscheinen und
Verschwinden des Mondes, wie der Sonne, nur von der Umdrehnng der Erde
um ihre Axe her. Drittens: Der Mond muß auch sein Licht und sein Gedeihen