1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
121. Schnecken und Muscheln.
447
9. Da kömmt ein Mücklein, nein, ime
dumm,
es rennt ihm schier das Häuschen um;
nun schreit's und winselt Weh und Ach!
Du armer Schlucker, nur gemach!
Hier heißt es: Augen aufgethan!
Was gehn dich fremde Sachen an?
10. Schau', Spiunchen merkt schon was
davon,
es zuckt und springt und hat sie schon.
Es denkt: „Viel Arbeit hatt' ich hier,
nun schmeckt auch wohl das Brätchen mir!"
Ich sag's ja, der uns alle nährt,
auch jedem, was er braucht, beschert.
Hebel.
121. Schnecken und Muscheln.
ie nackten, schwarzen Schnecken, welche auf den Wegen kriechen, und die
grauen, nackten Ackerschnecken, welche die junge Saat verzehren, sind wesent-
lich ebenso gebaut, wie die Schnecken, die ein gewundenes Hans als Wohnung,
in welche sie sich zurückziehen können, aus dem Rücken tragen. Sie kriechen
auf dem ganzen Bauche mit einer fußartigen Sohle, daher man sie die Bauch-
füßer genannt hat.
Leben schon viele dieser Tiere auf dem Lande und im süßen Wasser, so
ist doch ihre Zahl verschwindend gegen das Heer von Schnecken, deren tausend-
fach abgeänderte Gestalten die Ränder des
Meeres bevölkern und in utltergegangenen
Arten, gleich den Muscheln, die Kalkgebirge
mit bauen halfen. Man findet zwar in
den Kalkgebirgen auch zahlreiche schnecken-
ähnliche Gestalten, wie das hier abgebildete
Ammonshorn, deren Tiere ganz anders ge-
baut waren als die Nacktschuecken und den
Tintenfischen glichen, allein die gewundenen
Gehäuse jetzt lebender Tiere gehören fast
alle den wirklichen Schnecken. Bekannt ist
die große Schnecke mit rosenroter Öffnung,
die als Ballast mit von Westindien gebracht
wird und tu den Gärten zur Einfassung der Beete dient. Rur wenige dienen
dem Menschen als Speise, und seit die Purpurschnecke nicht mehr ziir Färbung
der edelsten Stoffe gebraucht wird, ist der unmittelbare Nutzen dieser Tiere
für den Menschen gering.
Bekannter sind daher auch die Arten der anderen Weichtiere, deren Gehäuse
aus zwei Klappen besteht, und die man Muscheln genannt hat. Schon im
süßen Gewässer giebt es dergleichen. Die Muscheln, in welche man die Farbe
für Malkasten füllt, stammen aus süßem Wasser; selbst Perlen gewinnt man
aus den Muscheln deutscher Flüsse. Unermeßlich reich aber ist das Meer an
Muscheln verschiedener Art, von welchen viele den Menschen, noch mehr den
Vögeln als Speise dienen. Die Auster, welche an fast allen Küsten zu Hause
ist, wird roh gegessen und gilt als ein köstlicher Leckerbissen und eine unschätz-
bare Krankenspeise; die Pfahlmuschel, von dunkelblauer Farbe, mit mehr hor-
niger Schale, den Muscheln des süßen Wassers ähnlicher, schmeckt besser, wenn sie
gekocht ist. Die wilden Völker aller Gegenden, auch die Urbewohner Norddeutsch-
lands, haben von diesen und anderen Muscheln, die das Meer ihnen gütig an den
Strand warf, vorzugsweise gelebt und sie mit der Schale auf Kohlen gebraten.