1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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145. Die Steinkohle.
Sumpfe wachsen und alle ihre Überreste unter Wasser sallen lassen, da bleibt
sozusagen, die Ernte eines jeden Jahres unter Wasser aufbewahrt und häuft
sich zu einem schwarzbraunen, weichen Pflanzenstoffe in großer Menge an,
welchen wir Torf nennen. Das geschieht an den Rändern der Süßwasserseeen,
die dadurch von außen nach innen ein immer breiteres, flaches Torfnfer gewin-
nen; das geschieht zu beiden Seiten der Flüsse, so weit das Thal von ihnen
vor Zeiten tief ausgespült war; das geschieht an den Rändern des Meeres, wo
eine flache Bucht durch eine sich vorbauende Sandbank zur Lagune wird; das
geschieht auf den Rücken der Berge, wo das Wasser wegen mangelnden Falles
nicht rechts noch links abfließen mag; das geschieht im Innern der Wälder, an
jeder kesselförmigen Bodenvertiefung, in welche die absterbenden Bäume von
allen Seiten hineinschlagen und feucht dahinmodern; das geschieht endlich mitten
auf der Heide, wenn irgend ein Umstand das Stehenbleiben des Wassers bewirkt,
in welchem dann die Sumpfgewächse das Heidekraut verdrängen, bis die An-
häufung von Pslanzenstoff aus der Vertiefung eine Erhöhung, ein blasenförmig
aufgequollenes Hochmoor, gebildet hat, ans welchem auch das Heidekraut wieder
Wurzel fassen kann.
Eines der vorzüglichsten Mittel, dessen sich die Natur gegenwärtig bei
Bildung, Vergrößerung und Verstärkung der Torfmoore bedient, ist das Torf-
moos, ein in sehr langen Stämmen wachsendes Moos, dessen Zellen so be-
schaffen sind, daß sie eine große Menge Wassers ansangen und bei sich behal-
ten können, und dessen Wipfel, oben schwimmend oder kriechend, freudig grünen
und wachsen, während das untere Ende fortwährend abstirbt und die Torf-
masse im Wasser oder im Sumpfe vermehrt.
Ähnliche Mittel, die Anhäufung von unverweslichem Pflanzenstoff zu
bewirken, hatte die Natur auch in den früheren Weltaltern, wo andere Pflanzen
die Erde bedeckten. Daher finden wir von jedem Weltalter dergleichen Über-
bleibsel, welche auf den früher gebildeten Steinschichten und unter den später
gebildeten Erd- oder Steinschichten lagern. — Einige Weltalter haben viele
dergleichen Überbleibsel in Schichten hinterlassen, andere dagegen wenige. Zu
denjenigen, welche am meisten geliefert haben, gehört eines der spätesten Welt-
alter, dessen Schichten man die Braunkohlenbildung nennt, und eines der
frühesten Weltalter, dessen Schichtung Steinkohlenbildung heißt.
Je älter eine Anhäufung von Pslanzenstoff wird, desto undeutlicher wer-
den die Pslanzenreste, und desto mehr innere Veränderungen erleiden sie, wodurch
sie immer härter und kohliger werden, indem gleichzeitig die Last der darüber
liegenden Erdschichten die Stämme immer mehr und mehr platt drückt.
Die Braunkohlen, welche meistens noch zwischen lockerem Sand und
Thon gelagert sind, lassen oftmals noch schöne, deutliche Baumstämme und
vollkommenes Holz erkennen, das von Bäumen stammt, die denselben Geschlech-
tern angehören, wie die jetzt im Süden Italiens, Griechenlands und Spaniens
wachsenden Bäume, aber längst ausgestorbene Arten derselben.
Die Steinkohlen dagegen, welche meistens in größerer Tiefe, zwischen
festen Sand- und Thonsteinen, liegen, sind, wie man aus den Überresten
erkennt, von ganz anderen Pflanzen erzeugt, deren man gegenwärtig gar nicht
mehr auf Erden findet, namentlich von Schachtelhalmen, welche die Größe