1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
147. Das Eisen.
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Natur dargebotene Muscheln. Nach und nach lernte der Mensch mit deren
Hilfe aus Knochen, Horn und Holz sich bessere Geräte schaben, immer aber
fehlte allen die nötige Härte, Schärfe und Dauerhaftigkeit. Diese erreichte er
zuerst durch Steine, welche ähnlich dem Glase zerspringen und dabei scharfe
Kanten geben. Dazu nahm er in vulkanischen Gegenden wahrhaft geschmolzene
vulkanische Gläser, in unserem Norddeutschland die Feuersteine, welche
an Härte und Dauerhaftigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Erst ganz all-
mählich lernte der Mensch die Metalle für diesen Zweck benutzen. Von den
Metallen kommen nur sehr wenige im gediegenen Zustande in der Natur vor,
die meisten anderen sind vererzt, das heißt mit Sauerstoff verbunden, sozu-
sagen verrostet, oder mit Schwefel verbunden. Die letzteren, welche man Kiese
nennt, sind meist noch metallähnlich glänzend und dadurch die Aufmerksamkeit
anlockend, aber sonst in diesem Zustande unbrauchbar, wie z. B. die teils messing-
gelben, teils bunt angelaufenen Kupfererze. Die verrosteten Metalle dagegen sehen
in der Regel wie Steine aus, heißen deshalb auch Eisensteine, Zinnsteine u. s. w.
und sind nur durch das hohe Gewicht dem Menschen auffallend, aber in der
Regel leicht zu Metall niederzuschmelzen. Gold, Silber und Quecksilber,
die drei wichtigsten edlen Metalle, kommen gediegen vor, das Quecksilber nur
in spät eröffneten Bergwerken in kleinen Tröpfchen, das Silber mit anderen
Erzen gemeinschaftlich ebenfalls nur auf Bergwerken, das Gold aber nur in
Form von Staub, ja, selbst in Flittern und großen Brocken im Sande der
Flüsse und im gemeinen Lehm nahe den Gebirgen, weil das Wasser diesen über
20 mal schwereren Körper noch bewegen konnte, wo es noch stürmisch floß.
Aus Gold sind daher die ersten Metallgeräte gefertigt, aber freilich nur
Schmucksachen, da es für andere Zwecke zu weich ist. Danach fand man auch
gediegenes Kupfer, als Überbleibsel von zerstörten dunkelgrünen Gesteinen, in
deren Höhlungen es oftmals gleich kleinen Bäumchen wie Eisblnmen gewachsen
ist. Man fand es nur selten in Europa, dagegen in Nordamerika an den
großen Seeen in ungeheuren Mengen, so daß die alten Amerikaner wahrschein-
lich viel mehr Kupfergeräte gehabt haben, als die alten Europäer. Indessen
auch das Kupfer ist zu weich.
Da man nun aber den Zinnftein ebenso im Sande fand wie das Gold
und durch seine Schwere auf ihn aufmerksam wurde, ja, bald auch das Zinn
schmelzen lernte, so ergab sich schon frühe, vielleicht sogar durch gemeinsames
Niederschnielzen v-u Kupfererz und Zinnstein, daß eine Mischung von Zinn
und Kupfer, die man jetzt Bronze nennt, sich vortrefflich zu allerlei Gerät-
schaft eignete.
Aber auch dies Metall war nur wenigen Reichen zugänglich, und solange
das Eisen nicht bekannt und allgemein verbreitet war, konnte die Menschheit keine
großen Fortschritte in der Bildung und Besserung ihres äußeren Zustandes machen.
Das Eisen aber kann, weil es so große Neigung hat, sich mit dem Sauer-
stoff der Luft zu verbinden, nicht gediegen auf der Erde Vorkommen, sondern
lvird überall gleichsam zu Rost und dadurch iu den Ansammlungen zu Elsensteinen.
Da ist denn gleich durch ein unmittelbares Geschenk des Himmels der Mensch
zllerst mit dem Eisen bekannt geworden. Aus dem Welträume, in welchem
die Planeten mit uns um die Sonne kreisen, fallen zuweilen Steine auf die
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