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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 48

1880 - Sondershausen : Eupel
48 Dörfchen bei Duderstadt so? Der war ein blutarmer Schelm und ein Witwer dazu, und hatte drei Kinder, die gar oft sagten: ,Mater, wir sind so hungrig!" Das hört ein Vater gern, wenn er Brot genug hat und noch etwas dazu; aber wie schneidet das ins Herz, wenn kcins da ist! Und just so ging's dem armen Kollheim oft genug. Das Betteln verstand er nicht, aber er verstand Schuhe zu flicken, Kochlöffel zu schnitzen, Besen zu binden und solcher kleinen Künste mehr, was er auch so fleißig that, daß er sich kümmerlich mit seinen Kindern durchbrachte; — aber es kam doch mancher „lange Tag." Der Kollheim hatte einen recht guten Freund, der hieß Volkmann, war auch ein Witwer, wie er, und hatte sieben unerzogene Kinder. „Gleich und gleich gesellt sich gern," heißt's im Sprichwort, und „das Unglück ist der beste Leim." Der Volkmann und seine Kinder hatten der Fasttage so viele, daß sie schier die schwere Kunst bald gelernt hätten, wenn nicht das Lehrgeld gar zu schwer wäre. Beide Leidensbrüder waren rin Herz und eine Seele. Da sagte einmal der Volkmann zu seinem Busenfreunde Koll- heim: „Ich ziehe nach Lauterberg ins Hannöversche; dort ist mehr Ver- dienst." Gesagt, gethan; — und der Hausrat kostete nicht viel Fracht. Der Kollheim wünschte ihm alles, was ihm heilbringend sein kann; aber der Arme fand's in Lauterberg nicht; — denn er erkrankte und starb, und die hungernden Kindlcin schickten die von Lauterberg hin, wo sie herge- kommen. Die Bauern im Dorfe dachten: „Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" und ließen die hungernden Waisen lausen. Dachte auch der blutarme Kollheim so? Nein, lieber Leser, der nahm die sieben Waisen seines Freundes in seine kleine Hütte zu seinen Kindern, sah mit einer- heißen Thräne gen Himmel und seufzte: „Herr, der Du mit wenigen Broten Tausende gespeist hast, hilf uns und verlaß mich nicht!" — Wenn die Not am größten, ist Gott am nächsten; — denn das, was Kollheim gethan, wurde der preußischen Regierung in Erfurt bekannt, und diese sandte ihm 40 Thaler zur ersten Hilfe; auch sandte ihm ein frommer Mann heimlich 10 Thaler. Und als es der fromme Preußenkönig Friedrich Wilhelm Iii. hörte, so sandte dieser dem guten Kollheim ein Kapitälchen, daß er sich konnte ein Feldgütchen kaufen; eins der Volkmann'schen Kinder aber kam ins Waisenhaus nach Halle, welches der fromme Francke gestiftet hat, der auch nicht sagte: „Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" Saget auch ihr nie so, wenn ihr hadern höret, wenn ihr Zeugen fauler Geschwätze, sündhafter Flüche, schändlicher Handlungen oder mensch- lichen Jammers seid! Das brennt euch wohl, und wenn ihr nicht blaset, — wie steht's dann um euer Gewissen? W. O. v. Horn. 69. vieuerlreiie. Ein reicher Herr in Polen fuhr zur Winterzeit in einem Schlitten nach dem Städtlein Ostrowo, nur von seinem Knechte Jakob begleitet, der dem Schlitten vorreiten musste. Ehe sie die Stadt erreichten, mussten sie durch einen langen, einsamen Wald, und es war bereits Abend. Der Knecht schlug daher dem Herrn vor, in einer Herberge, die am Eingänge des Waldes lag, zu übernachten; denn im Walde seien viele Wölfe, und die Unthiere seien jetzt gar grimmig, weil der Winter so hart sei. Der Herr war aber einer von den -wunder-
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