1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
131
an den stößt man, wenn man denselben
Tag gelogen,
und fällt und bricht sogleich ein Bein."
Der Bub' erschrak, sobald er dies ver-
nommen.
,,Ach!" sprach er, „lauft doch nicht sosehr!
Doch wieder auf den Hund zu kommen,
wie groß, sagt' ich, daß er gewesen wär'?
Wie euer größtes Pferd? Dazu will viel
gehören.
Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst
ein halbes Jahr;
allein das wollt' ich wohl beschwören,
daß er so groß als mancher Ochse war."
Sie gingen noch ein gutes Stücke;
doch Fritzen schlug daö Herz. Wie konnt'
es anders sein?
denn niemand bricht doch gern ein Bein.
Er sah nunmehr die richterliche Brücke
und fühlte schon den Beinbruch halb.
„Ja, Vater," fing er an, „der Hund, von
dem ich red'te,
war groß, und wenn ich ihn auch was
vergrößert hätte,
so war er doch viel größer als ein Kalb."
Die Brücke kommt. Fritz, Fritz, wie
wird dir's gehn!
Der Vater geht voran; doch Fritz hält ihn
geschwind.
„Ach, Vater," spricht er, „seid kein Kind
und glaubt, daß ich dergleichen Hund ge-
sehn;
denn kurz und gut, eh wir darüber gehn:
der Hund war nur so groß, wie alle
Hunde sind."
Gellere.
190. Dat is myn Paard.
Als der Admiral de Ruyter ans der Höhe seines Ruhmes stand, kam
er einst nach Amsterdam. Da die Stadt dem großen Seemann die höch-
sten Ehren erwies, durfte der Kommandant nicht zurückbleiben, gedachte
aber dem Admiral dennoch eine Demütigung beizubringen. Er lud ihn
zu einem Mahle, bei dem nicht nur die Offiziere des Admirals, sondern
auch die der Besatzung zugegen waren. Sobald das Mahl vorüber war,
schlug der Kommandant vor, einen Ritt nach seinem schönen Landhause zu
machen, das etwa eine Viertelstunde Weges vor der Stadt lag. Für alle
wurden Pferde vorgeführt, für de Ruyter ein sehr schönes, aber arglistiges
Thier, das schon viele tüchtige Reiter abgeworfen hatte. Alles ging gut,
bis man vor den Thoren der Stadt war. Da gaben nach dem Vorgänge
des Kouunandanten die Landoffiziere ihren Pferden die Sporen, und im
sausenden Galopp flogen sie dahin. De Ruyter hielt sich kaum im Sattel,
und da das wilde Thier erkannte, daß es einen schlechten Reiter habe, be-
gann es hinten auszuschlagen und die tollsten Sprünge zu machen, und —
plötzlich lag der Admiral am Boden. Zwar hielt der Kommandant sogleich
an, sprang vom Pferde, um ihm beizustehen, und fragte angelegentlich nach
seinem Befinden, und ob er keinen Schaden gelitten habe; allein über die
Züge der Offiziere flog ein Lächeln über des Admirals Ungeschicklichkeit,
das von ihm nicht unbemerkt blieb. Zum Glücke hatte sich der Admiral
nicht im mindesten verletzt; der Kommandant gab es aber nicht zu, daß
Ruyter sich wieder auf das böse Pferd setzte, sondern nötigte ihn, das sei-
nige zu besteigen. Alles verlief von da an ganz vortrefflich, und de
Ruyter zeigte durchaus nicht, daß er ahne, man habe ihm einen Streich
spielen wollen. Nach der Stadt zurückgekehrt, lud er vor dem Abschiede den
Kommandanten und die sämmtlichen Offiziere auf den andern Tag zu
einem Mahle am Bord seines Admiralschiffes ein. Als nun die ganze Ge-
sellschaft, abgeholt von den herrlich geschmückten Booten des Admiralschifies,
an Bord trat, war dies schöne Schiff auf die anmutigste Weise geflaggt.
Auf den Nahen standen die Matrosen in ihrer besten Uniform und schwenk-
ten unter unzähligen Hurrahrnfen ihre Hüte. Das Schiff selbst war pracht-
9*