1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Wie soll ich dich empfangen,
und wie begegn' ich dir?
Endlich bricht der hohe Frühlingstag an. Es predigt der Engel:
Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke wider-
fahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren. Und die
himmlischen Chöre antworten: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede
auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
Um den eingeborenen Gottessohn wachst dann gleich das Leben. Als
erste Frühlingsblumen umstehn ihn Joseph und Maria, die Hirten vom
Felde, Simeon und Hanna. In der Epiphanienzeit zeigt die Kirche, wie
die Herrlichkeit des Herrn sich offenbart. Da erscheint der Stern, und
es ziehen herauf die Weisen aus dem Morgenlande. Da verkündigt Christus
selbst, wes Sohn er sei, und er selbst zeuget für sich mit That und Wort.
Die Epiphanienzeit soll die Gemeinde zu dem Glauben bringen: Gott ist
geoffenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den
Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubet von der Welt.
2. Nun folgt der Sommer. Siehe ihn an in der Natur! Die Sonne
steht hoch; ihre Glut sengt und brennt. Manches Pflänzlein verdorret
und stirbt; andere lassen matt das Haupt sinken; auf den meisten liegt
der Staub; die erste Frische ist dahin. Es will der Sommer fragen und
forschen, welche Gewächse wirklich festes Leben haben. —
Im Leben des Herrn geht die Sommer- und Glntzeit an mit der
Leidcnszeit. Erst nahet das Wetter der Verfolgung leise heran. Zunächst
denken sie daran, ihn zu tobten, dann halten sie Rat, wie sie ihn tödten.
Endlich kommen die großen Tage, von denen Jesaias weissagt: Fürwahr,
er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen;
wir aber hielten ihn für den, der geplaget und von Gott ge-
schlagen und gemartert wäre. Am Palmsonntage riefen sie noch
„Hosianna dem Sohne Davids!" am Charfreitag: „Kreuzige, Kreuzige!"
Am Palmsonntage breiteten sie ihm die Kleider auf den Weg; am Char-
freitage legten sie ihm das Kreuz aus den Rücken.
Der Sommer ist die schwere, heiße Arbeitszeit. Von dieser Zeit im
Kirchenjahre ruft Christus aus: Mir hast du Arbeit gemacht in deinen
Sünden, und hast mir Mühe gemacht in deinen Missethaten.
Da stand dann die Sonne der Trübsal hoch, als er rief: „Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen?" und: „Mich dürstet!" Er
neigte sein Haupt und starb und ward begraben. In dieser Zeit singt
die Kirche: O Haupt, voll Blut und Wunden u. s. w., Ein Lämmlein geht
und trügt die Schuld u. s. w., O Lamm Gottes unschuldig u. s. w. Aber
am dritten Tage ist der Herr wieder auferstanden. Er ist endlich am
Himmelsahrtstage völlig erhöhet in die Herrlichkeit, die er hatte bei seinem
Vater, ehe denn der Welt Grund gelegt ward.
3. Es nahet der Herbst. Er ist die Frucht- und Erntezeit. Da
steht der Segen Gottes auf den Feldern; es reift das, was ausgesäet ist;
die Früchte werden eingesammelt. Die Kirche läßt uns an die Früchte
erinnern, welche wir dem Herrn darbringen sollen. Darum wird uns am
Trinitatisfeste zugerufen: Es sei denn, daß du von neuem geboren
werdest, kannst du nicht in das Reich Gottes kommen. Nun folgen
die Friichte der neuen Geburt. In aller Trübsal soll unser Wandel im
Himmel sein; das predigt uns der arme Lazarus. Hüten sollen wir uns