1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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auch gethan und getreu ihrem Missionsberufe das Wort des Lebens unter
Juden und Heiden verkündigt.
Die Kirche des Herrn hob in Jerusalem an und breitete sich dann
nach Syrien und Kleinasien ans. In Babylonien entstanden Gemeinden;
in Egypten wurde das Evangelium verkündigt, und der Kämmerer brachte
es sogar nach Mohrenland. Auch in Europa wurde es vernommen: in
Philippi, Thessalonich, Bcröa, Athen, Korinth. In Rom bildete sich eine
Christengemeinde, an welche Paulus seinen herrlichen Brief schrieb. Das
war die jugendliche Blütezeit, das apostolische Zeitalter der Kirche und
Mission.
Im zweiten Jahrhundert finden wir Christengemeinden im südlichen
Frankreich; auch dringt die Predigt des göttlichen Wortes nach England
vor. Das nördliche Afrika mit seiner berühmten Hauptstadt Karthago
beugte sich der Macht des Evangelii. Allmählich wurde das Christentum
die herrschende Religion in dem Römerreiche; alle Verfolgungen hatte es
siegreich überstanden. Nach Zertrümmerung der Herrschaft Roms wurden
germanische Völker: die Franken, die Alemannen, die Angelsachsen bekehrt;
auch Irland wurde gewonnen. Mit dem siebenten Jahrhundert drangen
aus England, Schottland und Irland Boten des Friedens in die deutschen
Wälder. Bonifacius erwarb sich den Ruhm eines Apostels der Deutschen.
Das war ein Ersatz für die schweren und großen Verluste, welche die Kirche
im Morgenlande erlitt, wo die Religion Muhameds die Christengemeinden
zertrümmerte. Bald wird Polen, Ungarn, Rußland, Pommern, Preußen,
Lievland und Norwegen, ja selbst das ferne Grönland mit der Predigt des
göttlichen Wortes erfüllt.
Aber nun kamen auch die Zeiten des Papsttums. Das Wort Gottes
blieb der Christenheit unbekannt; die Hauptlehre des Evangelii, daß der
Mensch nicht durch des Gesetzes Werke, sondern durch den Glauben an
Jesum Christum vor Gott gerecht werde, ward vergraben und vergessen.
Die Sündenvergebung war für Geld zu haben. Man suchte nicht mehr,
wie sonst, die Seelen der Menschen durch die Verkündigung des lauteren
Gotteswortes zu gewinnen und zu retten.
Da erbarmte sich Gott seiner Kirche, erweckte sich in Dr. Luther ein
gewaltiges Rüstzeug und zog durch ihn das reine Evangelium an das Licht.
Man las wieder die Bibel, man wußte wieder, was Christus gesagt hatte
und was im alten und neuen Testamente von den Heiden und ihrer Be-
kehrung steht. Die evangelische Kirche gab in der Mitte des 16. Jahr-
hunderts ihr erstes Lebenszeichen für die Heidenwelt, indem im Jahre 1556
vierzehn Sendboten von Genf aus nach Südamerika sich wendeten, von
Schweden aber drei Jahre später ein Missionar nach Lappland zog. Aber
erst im 18. Jahrhundert zeigte die evangelische Kirche rege Thätigkeit ans
dem Felde der Heidenbekehrung. Die Engländer schritten im Jahre
1701 voran mit der Gründung der Gesellschaft für Verbreitung des Evan-
geliums im Auslande; der fromme, glaubensstarke Stifter des halleschen
Waisenhauses, August Hermann Francke, folgte 1705; Dänemark
reichte seine Hand, und die apostolischen Männer Ziegen balg und
Gründler verließen Vaterland und Freundschaft und zogen als evange-
lische Missionare nach Indien. Bald ward auch den Indianern in Ame-
rika das Evangelium gepredigt; Hans Egede ging nach dem kalten
Grönland mit dem Worte vom Kreuze. Und nun fuhr der Missionsgeist