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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 178

1880 - Sondershausen : Eupel
178 5. Thüringen. Thüringen, du holdes Land, wie ist mein Herz dir zugewandt! Deine Bergeshäupter ragen auf gen Himmel kühn und stolz, und auf ihrem Scheitel tragen sie der Eichen starkes Holz. Deiner Wälder grüne Hallen hegen, pflegen edles Wild, und das Lied der Nachtigallen frisch aus Busch und Haine quillt. Thüringen, du holdes Land, wie ist mein Herz dir zugewandt! Silbern springt in deinen Gründen mancher frische Labequell, und durch deine Thäler winden Bäche sich so klar und hell; und des Rasens Teppich breitet bunt sich zwischen Waldessaum, dass der Fuss des Wandrers gleitet stets auf Irandertfarb'gern Raum. Thüringen, du holdes Land, wie ist mein Herz dir zugewandt! Früh auf deinen Feldern reifet goldner Ähren Segenswucht, dass, so weit das Auge schweifet, üppig glänzt die reiche Frucht. Jubelnd tönet uns entgegen arbeitsfroher Schnitter Lied, wenn ringsum auf allen Wegen nun die Ernte heimwärts zieht. Thüringen, du holdes Land, wie ist mein Herz dir zugewandt! Alte wunderbare Sagen nachts durch deine Wälder gehn. Horch, von ihnen rauschen, klagen alte Wipfel auf den Höhn. Auf den Bergen, in den Gründen, und wohin das Auge blickt, hat mit ihren Duftgewinden Dichtung hold das Land geschmückt. L. Storch. 6. Die Wartburg. Die Wartburg liegt ganz nahe bei Eisenach, nad) Südwesten hin, ans einem Felsberge, der sich 190 Meter über die Stadt erhebt. Nach einem Wege von einer halben Stunde erreicht man die Burg. Blickt man von der vorspringenden Bastei zurück, so liegt die bunte Landschaft wie ein großes Gemälde zu den Füßen. Jenseit der Stadt breitet sich ein srnchtbares Hügelland ans, und der Blick reicht so weit, daß man bei klarem Himmel mit einem Fernrohre den Brocken sehen kann. Östlich fliegen dampfende Wagenzüge in den stattlichen Bahnhof, wo die thüringische und die Werra-Eisenbahn zusammenlaufen. Dort lagert der kahle Höhen- zng des Hörselberges, mit Häusern und Höfen begrenzt, und ans der fernen Ebene grüßen die Bergschlösser der Gleichen, wie Meilenzeiger einer abgestorbenen Zeit. Links ruht der Blick ans einem anmutigen Fichten- wäldchcn, einst von der Ruine Mädelstein gekrönt und jetzt noch mit jener grotesken Fclsbildnng geschmückt, die vom Munde der Sage „Nonne und Mönch" genannt ist. Tritt man durch das düstere Thorgewölbe in den langgestreckten Burghof, so fühlt man sich von einem ehrfurchtsvollen Schauer durch- rieselt, als ob es ein geweihter Boden sei, den die Füße berühren, und Bilder alter Zeiten ziehen vor dein inneren Blicke vorüber. Wie pracht- voll auch die Erneuerung der fürstlichen Hallen fortschreitet, so wird doch ihr Glanz erst durch den Zauber erklärt, womit Poesie und Geschichte ihre Zinnen umrankt. Nirgends im Thüringer Lande hat die Sagendichtung so reiche Blüten getrieben, nirgends sind die historischen Gestalten von einem so romantischen Glanze umstrahlt, wie in der Chronik des Land- grasenschlosses.
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