1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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land. Seine Niederung schiebt sich zwischen den Norden Frankreichs und
die Ebenen des alten Sachsenlandes ein und führt zu den britischen Inseln
hinüber. Aus der schonen Stromebene des mittleren Rheines, einem
bergnmmauerten Gebiete, führen natürliche Wasserstraßen durch lange,
enge Felsenthore zu reichen, herrlichen Landschaften tief in das innerste
Deutschland und Frankreich hinein. Die Mosel auf der linken, der Main
auf der rechten Seite verbinden Franken und Lothringen. Der Rhein selbst
aber ist die große Handels- und Reisestraße zwischen Süden und Norden,
zwischen Holland und der Schweiz, England und Italien, die eine immer
größere Bedeutung erhält, je lebendiger die Berührungen aller Art zwischen
den verschiedenen Gliedern des europäischen Staatenkörpers werden.
Mendelssohn.
23. Der Bodensee.
An Seen ist Deutschland, wenigstens das westliche, nicht reich, und
nur einer, der zur Hälfte noch der Schweiz angehört, ist von beträchtlicher
Größe, der Bodensee. Dafür übertrifft derselbe an Naturschönheiten alle
die zahlreichen Seen an der Küste der Ostsee, und nur wenige Seen
der eigentlichen Schweiz können ihm vorgezogen werden. Der Bodensee
ist eigentlich nichts weiter als eine Erweiterung des Rheinbettes zu einem
weiten und tiefen Becken. Aber freilich ist dies Becken sieben Meilen lang
und zwei Meilen breit und nimmt eine Fläche von zehn Quadratmeilen
ein. Dabei ist die größte Tiefe an 300 Meter gefunden worden. Man
hat berechnet, daß, wenn das Becken des Bodensees leer wäre, der Rhein
über zwei Jahre brauchen würde, um es wieder zu füllen. Ans dieser ge-
waltigen Wasserfläche gibt es denn auch Stürme, welche denen auf dem
Meere gleichen, und wobei sich haushohe Wellen erheben. Da diese oft
plötzlich hervorbrechen, so gilt die Schiffahrt auf dem See für gefährlich.
Doch seit die Dampfschiffe eingeführt sind, haben Reisende sich nicht mehr
zu fürchten; jene Schiffe widerstehen dem heftigsten Sturm. Die Fischer
aber, welche in leichten Kähnen das Gewässer befahren, erkennen meistens
an vorausgehenden Zeichen die Gefahr und flüchten in einen Hafen. Fische
halten sich zahlreich und gern in dem klaren Gewässer auf, welches noch
den Vortheil gewährt, daß es fast niemals zufriert. Außer vielen anderen
Arten, zum Theil von beträchtlicher Größe, fängt man jährlich eine unge-
heure Menge sogenannter Blaufellchen, welche für eine Leckerei gelten.
Natürlich ziehen sich nach einer solchen Nahrungsquelle auch viele fischfres-
sende Vögel, Reiher, Strandläufer, sogar Möven und Taucher. Die Ufer
des Sees find sanft aufsteigend und herrlich mit Früchten, Obst und Wein
angebaut. Die höheren Berge in der Schweiz erblickt man nur in der
Ferne. Besonders lieblich nehmen sich aber die zwei kleinen Inseln aus,
welche in den Erweiterungen des Sees gegen den Ausfluß des Rheins hin
liegen, dort wo die alte Stadt Konstanz hervorragt. Wie schön es an dem
See sein muß, sieht man auch daran, daß fünf verschiedene Staaten sich
ein Stück seines Ufers angeeignet haben: im Süden die Schweiz, westlich
Baden, nördlich Württemberg und Baiern, östlich Österreich, welches mit
seinem Tiroler Lande daran stößt.
Curtman.