1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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arbeiten; die abgehauenen Stämme werden angezündet, und das gelichtete
Land wird zur Aussaat, besonders von Mais, zugerichtet. Nirgends ans
der ganzen Erde ist ein solch Gemisch von allerlei irrgläubigen Sekten wie
hier; viele leben ohne Kirche und Schule und sind daher mitunter eben so
unwissend wie Heiden. Die Kinder bleiben oft jähre-, ja zuweilen lebens-
lang Ungetanst. Anhaltsches Lesebuch.
63. Grönland.
Unter den nördlichsten Ländern der Erde ist Grönland dasjenige,
welches am weitesten nach Norden zu bewohnt ist. Es ist fast doppelt so
groß wie Deutschland; seine Einwohnerzahl aber wird nur auf 250000
geschätzt. Schon lange vor der Entdeckung Amerikas durch Colnmbns
stand es in Verbindung mit Europa; Normänner hatten sich dort nieder-
gelassen, und seit dem Anfange des 12. Jahrhunderts war ein Bistum
daselbst eingerichtet. Im 14. Jahrhundert aber vernichteten Eskimo die
Niederlassungen im Westen, und die Ostküste war im Laufe der Zeit ver-
eist; daher hörte seit dem 15. Jahrhundert alle Verbindung Europas mit
Grönland ans. Erst seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts, da Hans
Egede und darnach auch Missionare ans der Gemeinde der Herrnhuter
dort das Evangelium predigten, sind von Dänemark aus wieder Nieder-
lassungen an der Westküste gegründet. Diese ist meist von Christen be-
wohnt, während die wenigen Bewohner der Ostküste Heiden sind.
Diese Westküste ist von vielen Buchten zerschnitten; vor ihr liegen
viele kleine Inseln, die zum Theil bewohnt sind. Den Vordergrund der
Küste bilden meist lose aufeinander liegende Steinmassen, mit grünem
Moose überzogen. Dahinter steigen die Berglehnen empor; wo diese vor
kalten Winden geschützt sind, ist etwas kümmerlicher Holzwnchs. Darüber
erhebt sich die obere Bergfläche; sie ist von allem Pflanzenwuchse entblößt
und mit Schnee und Eis bedeckt.
Schon im Oktober tritt der Winter mit ellentiefem Schnee ein, und
dieser thaut so langsam ab, daß mitten im Juni noch der größte Theil
der Thäler damit angefüllt ist. Da kann von Wachstum nicht viel die
Rede sein. Einige Straucharten mit eßbaren Beeren, darunter Heidel-
beeren; Fichten, die dreißig Jahre brauchen, um eine Höhe von anderthalb
Meter zu erreichen, und Birken, die mehr strauch- als baumartig aus-
sehen: das ist fast alles. Die Ernährung des Viehes macht viele Mühe,
da man tagcweit zur See fahren muß, um aus den Inseln das für den
langen Winter nötige Heu zu gewinnen. Kommt der kurze Sommer mit
seinen langen Tagen, so muß der Grönländer fleißig bei der Hand sein,
wenn er etwas Salat, Kartoffeln, Rüben und Rettiche gewinnen will.
Was er sonst gern hat: Grütze, Erbsen, getrocknetes Obst, etwas Getreide,
das wird ihm voll Dänemark als Tauschwaare zugeführt. — Mehr als
der Boden bietet das Meer. Vom Seehunde ißt der Grönländer das
Fleisch, welches getrocknet wird, und den Speck, welchen er auch roh ver-
zehrt; außerdem wird letzterer auch zur Erleuchtung der langen Winter-
abende gebraucht. Das Fell des Seehundes benutzt er zur Anfertigung
seines schmalen, oft über fünf Meter langen, einsitzigen Bootes und auch
zur Kleidung. Auch den Eisbären jagt er, am liebsten im Wasser mit
Pfeil und Harpune. Das Fleisch desselben gilt für einen Leckerbissen, und