1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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selten machen eine solche gänzliche Umwandlung durch und leben zuletzt als
schöne, geflügelte Thierchen in der Lust und auf Blumen, während sie vor-
her als Würmer in der Erde, im Wasser, im Morast und Unrate lebten.
Doch können sich auch manche Insekten, z. B. die häßliche Laus, der giftige
Skorpion, die Spinne, nicht dazu entschließen, so zu sterben, und bleiben
daher bis ans Ende das, was sie waren: eine häßliche Spinne, oder Laus,
oder ein Skorpion.
Bei einer solchen Umwandlung kann man sich allerdings vieles denken,
und schon die Alten haben daher den Schmetterling und seine Umwandlung
als ein Sinnbild der Unsterblichkeit der Seele betrachtet, welche auch, wenn
der Augenblick und die Umwandlung des Todes glücklich überstanden ist,
in hoher Schönheit und Herrlichkeit hervorgehen und, aller armen Gebre-
chen ihres Leibes los, nun ein rein geistiges Leben führen wird.
Es gibt einen weißen Schmetterling mit etlichen Flecken aus den
Flügeln, der legt seine Eier unter die Blätter der Reseda, daß sie nicht
naß werden vom Regen und Thau. Die Eier aber kleben mit dem offenen
Ende am Blatte, und wenn nun das Junge darin erwacht und heraus
will, findet es den Ausgang versperrt, nicht mit Eisen oder Holz, sondern
nur mit seinem Futter, das ihm so gut mundet, wie uns Rosinen und
Mandeln. Wenn es sich dann durchgespeist hat, steckt es sein Köpfchen ein
paar mal in die Höhe und weidet dann fort, zur rechten oder linken,
wie es will. Der Vater im Himmel macht es dem kleinen Würmlein,
als schlösset ihr ein Knäblein oder Mägdlein in eine stille Kammer, deren
Thür ein großer Pfefferkuchen wäre, und sprächet zu ihm: „Jetzt schlaf,
und wenn du aufwachst und willst zu uns heraus in den Sonnenschein,
so mußt du dich durch den Honigkuchen hindurch essen/' So aber Gott
für ein Würmlein also sorget, das heute noch lebt und morgen dem Sper-
linge zur Speise dient, sollte er das nicht vielmehr euch thun? O, ihr
Kleingläubigen! Kehr.
29. Die Honigbiene.
Dreierlei Bienen beherbergt ein jeglicher Stock, eine Königin, die
das einzige Weibchen unter allen ist; hunderte von großen männlichen
Bienen oder Drohnen, ohne Stachel, mit fast zusammensitzeuden Augen;
tausende von kleinen Arbeitsbienen mit giftigem Stachel und getrennten
Angen.
Die Bienen, welche wegen ihrer Erzeugnisse, Honig und Wachs, den
Menschen sehr wichtig sind, leben an einigen Orten verwildert, und zwar
meistens in hohlen Bäumen; gewöhnlich sieht man sie jedoch in einem
halb gezähmten Zustande, indem der Mensch sie zwingt, in gemachten
Wohnungen ihre kunstreichen Bauten von Wachs anzulegen. Die Königin,
von welcher sich in der Regel nur eine einzige in dem Stock befindet, ist
die Seele des Ganzen, weil von ihr das Wohl und Weh des ganzen Vol-
kes abhängt; sie vermeidet daher jede Gefahr und fliegt nur dann aus,
wenn sie sich an die Spitze eines jungen Schwarmes stellt, um eine neue
Kolonie zu gründen. Es geschieht dies, wenn sich eine oder mehrere junge
Königinnen im Schwarm gebildet haben. Hält sic aber schlechtes Wetter
ab, zu schwärmen, so tobtet sie die junge Königin noch in der Wiege, oder,
wenn sie diese verlassen hat, mitten unter dem müßig zuschauenden Volke.