1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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52. Gold und Eisen.
Unstreitig gehören Gold und Eisen zu den bedeutungsvollsten Metallen
für die Menschheit. Gold schmückt und beherrscht, Eisen besiegt und be-
glückt die Welt. Von Gold ist die Krone der Könige, aber auch der
Fingerring, den sich Verlobte als Symbol ewiger Liebe und Treue
schenken. Von Eisen ist die Pflugschar, welche die Länder der Wildnis
entzieht und sie bebaut; von Eisen aber auch das Schwert, das sie ver-
wüstet. Und vergegenwärtigen wir uns die Länder, in denen vorzugs-
weise Gold zu Tage liegt, und die, in denen das Eisen aus tiefen
Schachten mühsam emporgehoben wird — welche Verschiedenheit und welche
Gegensätze thun sich unsern Blicken auf! Und doch zeigen beide Metalle
in ihrer Natur, Verwendung und Bedeutung so viel Verwandtes und
Gegenseitiges, daß es wohl die Betrachtung reizt, sie mit einander Zu ver-
gleichen, sic gleichsam gegen einander abzuwägen.
Die eigentliche Heimat beider, wie aller Metalle, sind freilich die
Gebirge; beide kommen in Gestein verhüllt vor und müssen durch Berg-
werke gewonnen werden. Aber wenn wir uns die Gebirge Perus und
Mexikos oder Ostindiens denken mit ihrer tropischen Pflanzennatur, ihrer
Farbenpracht und glühenden Sonne, oder auch die Gegenden von Kali-
fornien und Australien, wo das Gold, und wiederum die schwarzen Wälder
Schwedens und Norwegens und andere nördliche Länder mit ihrer Lebens-
stille und ihrem Klima, wo das Eisen hauptsächlich vorkommt: dann er-
kennen wir wohl, wie verschieden die Wiege ausgestattet ist, in welche die
Natur jedes der beiden gelegt hat. Das Gold kommt auch in Flüssen und
im Sande gediegen vor, während das Eisen nur mit Gestein vermischt
gegraben wird. Beide haben Glanz, Farbe, Schwere, Dehnbarkeit mit
einander gemein. Aber während das Eisen nur mattglänzend und schwärzlich
von Farbe ist, hat das Gold jene eigentümliche, hellgelbe Farbe und strahlt
in starkem Glanze, den es selbst an der feuchten Luft behält, wo jenes
rostet. Während dagegen das Gold die größte Dehnbarkeit und Ge-
schmeidigkeit zeigt, besitzt das Eisen die größte Härte, die doch zugleich mit
vieler Zähigkeit verbunden ist; ja es nimmt durch gewisse Vorrichtungen
auch die Eigenschaften des Magnets an, und der Chemiker weiß noch von
anderen Eigentümlichkeiten zu erzählen.
Und was wird nicht alles aus diesen Metallen bereitet! Aus Gold
verfertigt man Gedenk- und Geldmünzen, während nur die Spartaner
eisernes Geld hatten; ferner kostbare Geräte, Schmuck- und Luxusgegen-
stände; man versetzt es mit anderen Metallen und spinnt es zu äußerst
seinen Fäden, um es zu verweben, oder wendet es zu Vergoldungen an.
Die Benutzung des Eisens geht ins Unermeßliche. Denken wir nur au
die Verwendung des Bleches zu allen Arten von Klempnerwaaren, des
Drahtes zu Geflechten und Telegraphen, des Stahles zu Waffen und
anderen Werkzeugen, des Stabeisens zu Nägeln, Schlössern, Ketten und
Eisenbahnschienen, endlich des Gußeisens zu Geräten, Monumenten, Schissen,
Häusern, Maschinen!
Schon hieraus erhellt der gewaltige Einfluß beider Metalle auf das
menschliche Leben. Zunächst sind sie von tiefgreifender Wirkung auf Ge-
werbe und Handel. Denn während das Gold als das letzte Wertmittel,
auf das sich alle Wertberechnung zurückbezieht, den Hebel für Handel und