1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Betriebsamkeit ausmacht, gibt das Eisen die Mittel und Werkzeuge her,
durch welche Industrie und Handel in immer vollkommenerer und höherer
Weise betrieben werden können. Je mehr Gold und Eisen ein Volk oder
Land erzeugt und besitzt, desto reicher und mächtiger ist es, sobald es beides
zu gebrauchen und geltend zu machen weiß. Aber auch auf das sittliche
Leben sind beide von entschiedenem Einfluß. Denn während das Gold das
menschliche Leben hebt und schmückt, führt das Eisen zur Arbeit und macht
Sinn und Gemüt rüstig, kräftig, entschlossen, beharrlich. Freilich vermag
das Gold die Menschen auch zu Habsucht, Stolz, Schwelgerei und Genuß-
sucht einerseits, und zur Untreue an sich selbst, zu Käuflichkeit und
Schmeichelei, wie zur Begehrlichkeit andererseits, überhaupt aber zu sinn-
licher Vergessenheit und zu Verbrechen aller Art zu verführen, während
das Eisen ihn leicht an Härte, Roheit und Grausamkeit gewöhnt.
Was schließlich das Verhältnis des Goldes und Eisens an sich betrifft,
so kommt das Gold nur sparsamer, das Eisen dagegen in ungeheuren
Massen vor und wird in eben solchen Massen verbraucht. Eine einzige
deutsche Meile Eisenbahn mit doppeltem Geleise erfordert im Durchschnitt
900 000 Kilogramm Eisen. Daher steht das Gold in hohem, das Eisen
in verhältnismäßig niedrigem Preise. Wie viel Zentner Eisen kann man
für wenig Gramm Gold kaufen.
Aus allem diesem wird aber klar, wie diese Metalle von dem unaus-
sprechlichsten Einflüsse auf das gesammte Leben des Menschen sind, wie
jedoch im Ganzen das Gold das edelste, das Eisen das nützlichste ist. Ich
aber wünsche mir nicht so viel Gold, daß es meine Seele verführt, aber
auch nicht so wenig, daß die Härte der eisernen Arbeit sie allein beherrscht.
Rinne.
53. Das Petroleum.
Unter den verschiedenen Beleuchtungsstoffen, durch welche die Menschen
in neuerer Zeit der Nacht in das Regiment greifen, ist das Petroleum
derjenige, welcher die weiteste Verbreitung und die größte Bedeutung zu
gewinnen scheint.
Wohl schüttelten viele Leute die „Köpfe bei der Nachricht, daß drüben
in Amerika an manchen Orten das Öl aus der Erde gepumpt wird, wie
bei uns das Wasser, oder daß es dort Teiche und Flüsse gibt, von deren
Oberfläche man das Öl abschöpft, gerade so, wie die Mutter mit dem
Löffel das Fett von der Brühe nimmt, in der sie eine Gans gebraten
hat. Die Händler verschenkten anfänglich das Öl sammt den zum Brennen
desselben nötigen Lampen; dann bekamen die Kaufleute zu jedem Fasse
Ol, das sie bestellten, eine oder etliche Lampen umsonst. Allmählich kamen
die Leute dahinter, daß das neue Öl heller brenne, als das alte und doch
weit wohlfeiler und reinlicher sei. Wie schnell sie sich in das Exempel ge-
funden haben, nach welchem der Gewinn für den Geldbeutel um so größer
ist, je billiger die Waare, zeigt der Umstand, daß im Jahre 1866 in
Pennsylvanien allein 2 72 Millionen Faß Petroleum gewonnen wurden,
während die Ausbeute im Jahre 1861 sich nur auf 600000 Faß belief.
Am reichsten fließen die Erdölquellen seit einiger Zeit bei Oil-Spring,
einer Gegend des oben genannten Staates in Nordamerika. Die ersten
Versuche, welche die Olbohrcr machten, sielen so glücklich aus, daß die
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