1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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meisten Bauern Pennsylvaniens die Hacke liegen und den Pflug stehen
ließen, um Öl zu bohren. Es entstanden in der erwähnten Gegend
tausende von Brunnen; aber die Unternehmungen waren wie ein Lotterie-
spiel. Unter hundert Personen, welche für schwere Summen von den
Grundeigentümern das Recht erkauft hatten, Bohrlöcher von 10 cm Durch-
messer in die Tiefe zu führen, hatten achtzig bis neunzig das Geld weg-
geworfen und Arbeit und Mühe als Zugabe zum Verluste gelegt; nur zehn
bis fünfzehn fanden Öl, allerdings zuweilen in so ungeheurer Menge, daß
mancher durch eiue einzige Quelle binnen wenigen Monaten zu einem
Millionär wurde. Der Ertrag stieg in das Riesenmäßige, als im Sommer
1861 ein Bohrer tiefer ging als bisher und dadurch einen immer fließenden
Brunnen gewann, welcher täglich etwa 1000 Faß Öl gab. Gleiche Ver-
suche an anderen Orten hatten gleichen Erfolg. Im Winter 1861 auf
1862 wurden täglich 15 000 Faß gefördert; cs fehlte an Gefäßen, das
fließende Öl aufzunehmen, und der Preis sank an Ort und Stelle auf
ungefähr 50 Pfennig für das Faß, das 110 bis 120 Liter enthielt.
Das Petroleum ist wahrscheinlich dadurch entstanden, daß im Innern
der Erde befindliche Steinkohlenlager sich in ihre Bestandtheile zersetzt
haben, so vielleicht, daß die öligen Stoffe durch Hitze herausgetrieben und
in weit gehenden Steinschichten gesammelt worden sind. Es ist eine bald
hell-, bald dunkelbraune, ziemlich dickflüssige Masse, welche im Wasser sich
nicht auflöst, sondern als besondere Schicht auf demselben schwimmt, von
durchdringendem, aber nicht gerade unangenehmem Geruch und sehr leicht
entzündlich ist. Kaum hatte der erste fließende Brunnen bei Oil-Spring
einige Tage seinen Reichtum ausgespien, so wollte ein neuer Arbeiter,
welcher die Natur des Petroleums nicht kannte, an einem Schwefelhölzchen
seine Cigarre anbrennen. So wie das helle Feuer das in der Luft be-
findliche Gas berührte, so verwandelte sich dieselbe auf eine weite Strecke
hin in ein Flammenmeer, in welchem 22 Arbeiter auf die gräßlichste Weise
umkamen. Der Brunnen selbst aber wurde zum feurigen Strome, der
nicht eher aufhörte zu brennen, als bis das Öl erschöpft war. Das
Petroleum, welches wir in unseren Lampen brennen, ist raffiniert und
darum nicht feuergefährlich; weil jedoch Vorsicht zu allen Dingen nütze ist,
so dürste anzuraten sein, die Lampen mit Petroleum am Tage und nicht
des Abends bei einem hell brennenden Lichte zu füllen.
Runkwitz.
54. Das Wasser.
Das Wasser stellt sich uns in dem Spiegel der Natur unter dem
Bilde einer guten Hausmutter dar. Ohne das Wasser würde gar bald die
ganze Oberfläche der Erde zu einer Einöde werden, gleich den afrikanischen
Wüsten in der dürren Zeit des Jahres; ohne dasselbe würden alle Gewächse
verdorren, alle Thiere dahinsterben. Aber gleich einer sorgsamen Mutter,
die ohne Aufhören in allen Räumen ihres Hauses herumwandelt, bald
hinab zu dem Keller, bald zum Speicher des Oberbodens steigt, um alle
die Ihrigen mit dem, was ihnen not thut, zu versehen, strömt das Wasser
der Erde in den Flüssen und Bächen hinab zu dem Meere, steigt von da
nach kurzem Verweilen als Dampf hinauf in die Luft, träufelt als Thau,
ergießt sich als Regen über das durstende Land, sammelt sich auf dem