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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 343

1880 - Sondershausen : Eupel
343 vernichtend, war er doch anch voll Güte gegen die, welche er in seinen Schutz genommen hatte. Im Kriege führte er seine Völker immer selbst zur Schlacht; aber im Frieden saß er auch selbst vor seinem Palaste zu Gericht und sprach allen Recht ohne Unterschied. Um sich her liebte er die Pracht, aber er selbst lebte auf einfache Weise, als bedürfe seine Größe solches Zusatzes nicht. Sein Sattelzeug war ungeschmückt und wenig kostbar. Bei den Gastmählern wurden allen Gästen goldene und silberne Geschirre vorgesetzt, er allein hatte hölzerne. Nach der Sitte seines Volkes ver- schmähte er Brot und aß nur ein wenig Fleisch. Nach jedem Gerichte ging der Becher herum ans Attilas Wohl, und Sänger priesen in Helden- liedern seine Thaten; aber es fehlte anch der Hofnarr nicht. Während unter den Güsten Freude und Scherz herrschte, verlor er nie den strengen Ernst. Bloß wenn sein jüngster Sohn eintrat, erheiterten sich seine Züge, und er liebkoste ihn; denn von diesem war ihm geweissagl, er allein werde Attilas erlöschenden Stamm erhalten. Dieser mächtige Herrscher, vor dem hundert Völker erbebten und Rom und Konstantinopel in ihren Grundfesten erzitterten, wenn er sein Schwert in die Erde stieß, brach im Jahre 45l mit einem Heere von 700 000 Mann auf und wandte sich gegen Abend. Er zog durch Deutsch- land, ging über den Rhein und fiel in Frankreich ein. Sein Zug war wie ein Heer der Heuschrecken, das in ein grünes Feld einfällt: das Land ist vor ihm wie ein Lustgarten, aber nach ihm wie eine wüste Einöde. Im westlichen Römerrciche war damals ein großer Feldherr, Aetius mit Namen. Dieser brachte die ganze Macht des Reiches ans und verband sich mit mehreren deutschen Stämmen, als den Westgothen, Alanen, Franken und Burgundern; denn es galt nichts Geringeres, als den Kampf der gebildeten Welt mit der rohen Barbarei. In der weiten Ebene, in welcher Chalons liegt, und die von den Alten die kat«launischen Felder ge- nannt wird, stießen die Heere ans einander. Als die Schlacht ihren An- sang nehmen sollte, rief' Attila die Anführer seiner Scharen zusammen und sprach: „Nichts Gemeines ziemt mir euch zu sagen, oder euch, von mir zu hören. Seid Männer! Greift an, brechet ein, werfet alles nieder! Der Römer Schlachtordnung und Schilddächcr verachtet; fallet ans die Westgothen und Alanen, in denen ist die Kraft des Feindes. Müßt ihr sterben, so werdet ihr sterben, auch wenn ihr flieht. Richtet eure Augen auf mich! Ich schreite voran, wer mir nicht folgt, der ist des Todes." Die Schlacht war über die Maßen hart und blutig. Schon durchbrachen die Hunnen das Mitteltreffen, und die Römer flohen; anch die West- gothen wichen, und ihr König fiel, indem er zu seinem Volke redete. Aber sein Tod entflammte die Seinen zur Wut, und des Königs Sohn warf durch gewaltigen Angriff die Feinde in die Flucht. Bei einbrechender Nacht mußte Attila sich in seine Wagenburg zurückziehen. An 200 000 Todte und Verwundete deckten das Feld; das Blut floß in Bächen, und die Verwundeten tranken von dem Blute, um nicht vor Durst zu ver- schmachten. Da Attila nicht wußte, ob der Feind ihn verfolgen würde, ließ er unzählige Pferdesättel und hölzerne Schilde zu einem Scheiterhaufen aufthürmen, um im Notfälle ihn anzuzünden und in den Flammen zu sterben. Zugleich gebot er, um die Feinde abzuschrecken, mit Waffen, Posaunen, Schlachthörnern und Gesang die ganze Nacht Lärm zu machen. Doch die Feinde griffen ihn nicht an. Unter den dichtesten Haufen der
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