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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 365

1880 - Sondershausen : Eupel
365 Ehre, Tapferkeit und Hochachtung gegen das weibliche Geschlecht waren die vier Haupttugeuden ^der Mitglieder. Die Aufnahme in diesen Stand erforderte eine vieljährige Vorbereitung und war mit großen kirchlichen Feierlichkeiten verbunden. Schon im siebenten Jahre wurde der Edelknabe in das Schloß eines andern Ritters gebracht. Hier lernte er als Bube oder Page im Dienste seines Herrn und im ehrfurchtsvollen Umgänge mit Edelfrauen die Anfangsgründe der Rittertugenden. Er wartete bei Tafel auf, säuberte die Waffen, hielt feinem Herrn beim Aufsteigen den Bügel und übte sich im Fechten, Schießen und Reiten, um seinen kleinen Körper gewandt und stark zu machen. Im vierzehnten Jahre ward er durch Um- gürtung eines Schwertes, welches vom Priester am Altare feierlich einge- segnet war, wehrhaft. Nun hieß er Knappe (Knabe) oder Junker. Von nun an begleitete er seinen Herrn zu jeder Stunde und zu jedem Ge- schäfte, zu der Lust der Jagd, den Festen und Waffenspielen, sowie in den Ernst der Schlacht. Treue Anhänglichkeit an seinen Herrn war die erste Pflicht. Hatte der Knappe unter diesen ritterlichen Übungen das ein und zwanzigste Jahr erreicht, so konnte er zum Ritter geschlagen werden. Zu dieser wichtigen Handlung mußte er sich durch den Empfang der heiligen Sakramente durch Fasten und Beten vorbereiten. Am Festtage leistete er dann vor einer glänzenden Versammlung von Rittern und Edelfrauen das feierliche Gelübde, der Ritterpflichten stets eingedenk zu sein, worauf ihm ein bewährter Ritter mit der flachen Klinge drei leichte Schläge auf die Schulter versetzte. Das nannte man den Ritterschlag. Nun wurden dem jungen Ritter außer dem Schwerte die übrigen Waffenstücke überreicht, nämlich die Lanze, der Helm mit Visir und Helmbusch, der Panzer, der gestickte Waffenrock, die farbige Schärpe, die Blechhandschuhe und die goldenen Sporen. Ein festliches Gelag beschloß die Feier des Tages. Zur Erhaltung des ritterlichen Sinnes dienten besonders die Tur- niere. Das waren festliche Waffenspiele, welche den Rittern Gelegenheit gaben, Proben ihrer Tapferkeit und Gewandtheit abzulegen und so Ruhm und Beifall von einer schaulustigen Menge öffentlich einzuernten. Nur Ritter von untadeligen Sitten durften daran theil nehmen. Der Turnier- platz war mit Schranken umgeben, hinter denen das Volk stand. Die Fürsten und Edelfrauen saßen auf reichverzierten Schaubühnen. Unter Trompetenklang und Paukenschlag ritten die ganz in Eisen gehüllten Ritter paarweis in die Schranken. Nun rief ein Herold das erste Fechterpaar zum Lanzenstechen auf. Mit eingelegter Lanze stürmten die beiden Kämpfer gegen einander an, jeder suchte den andern vom Rosse zu werfen. Saßen sie beide fest im Sattel, so zersplitterten oft die Lanzen an den stählernen Brustharnischen, zuweilen flogen beide zur Erde, zuweilen wurde einer, der Zügel und Steigbügel nicht loslassen wollte, samt seinem Pferde rücklings zu Boden geworfen. Da geschah es denn wohl auch, daß mancher Ritter Arm und Bein oder gar den Hals brach. Nach dem ersten Kämpferpaare wurde das zweite aufgerufen, dann das dritte, vierte, und so ging es mehrere Tage, ja Wochen lang fort. Manchmal rückten die Ritter auch in ganzen Scharen gegen einander los. Nach dem Lanzenstechen folgte der Schwertkampf zu Fuß und zu Roß. Den Schluß machte ein soge- nanntes Gesellenstechen zur Übung der Knappen. — Wer beim Turniere sich am meisten hervorgethan, erhielt aus den Händen der vornehmsten
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