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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 390

1880 - Sondershausen : Eupel
390 auf einmal hinter einem Hügel hervor und stürzte wie ein Donnerwetter mit künstlichen Wendungen auf den hoffnungstrunkenen Feind los. Was nie auf einem Lchlachtfelde erhört war, geschah hier; die leichtbewaffneten Husaren mit ihren behenden Pferden waren verwegen genug, die schwere französische Reiterei trotz ihrer kolossalen Rosse anzufallen. Sie wurde über den Haufen geworfen. Soubise ließ die Nachhut vorrücken; allein kaum zeigte sie sich, so wurde sie auch aus dem Felde geschlagen. In eben dieser Zeit rückte das vorher so ruhige preußische Fußvolk plötzlich in Schlachtordnung an und empfing die Franzosen mit einem entsetzlichen Kanonendonner. Hierauf folgte ein regelmäßiges Gewehrfeuer wie bei Musterungen. Das französische Fußvolk sah sich nun von seiner Reiterei verlassen und vom Feinde in der Flanke angegriffen. Vergebens versuchte Soubise französische Künste; seine Kolonnen wurden mit leichter Mühe aus- einandergesprengt, und nichts blieb übrig als eine allgemeine Flucht. Die Franzosen sowohl als die Reichsvölker warfen ihre Gewehre weg, um sich desto geschwinder retten zu können; nur einige Schweizerregimenter fochten noch eine zcitlang und waren die letzten auf dem Schlachtfelds. Der Sieg war so geschwind entschieden worden, daß selbst die Überwundenen nicht einmal auf die Ehre eines starken Widerstandes Anspruch machten, sondern sich mit ihrem Schrecken entschuldigten; dabei unterließen die Franzosen jedoch nicht, den Reichstruppen alle Schuld beizumcssen. Viele einzelne Züge vermehren die Merkwürdigkeit des Tages. Der König fand auf dem Wahlplatze einen französischen Grenadier, der sich gegen drei preußische wie ein Rasender vertheidigte und sich nicht ergeben wollte. Der Befehl Friedrichs machte diesem ungleichen Kampfe ein Ende. Er fragte den Grenadier, ob er sich denn unüberwindlich glaube; dieser antwortete: „Ja, Sire, unter ihrer Anführung." Der König ging auf dem Schlachtfelde umher und tröstete die verwundeten französischen Offiziere, welche, gerührt über diese Herablassung ihn als den vollkommensten Überwinder begrüßten, der nicht nur ihre Körper bezwungen, sondern auch ihre Herzen erobert hätte. Die Beute der Preußen war sehr groß. Unter anderem fiel eine Menge Ludwigskreuze den preußischen Kriegern in die Hände, die sich damit putzten. Es wurden 72 Kanonen und 22 Fahnen erobert und 6220 Gefangene gemacht. Die vereinigten Armeen hatten 3560 Todte und Verwundete, die Preußen nur 300; unter den Verwundeten befand sich auch Prinz Heinrich von Preußen und der General Seidlitz. Ein so wohlfeiler und doch dabei so vollkommener Sieg gegen ein kriegerisches Volk ist in der neueren Geschichte ohne Beispiel. Die Kürze des Tages in dieser Jahreszeit rettete das fliehende Heer vom gänzlichen llntergange; denn es war kein Rückzug, sondern eine Fluchist in der möglichsten Ver- wirrung. Die Geschlagenen verschwanden in Sachsen und den angren- zenden Ländern spurlos; sie zerstörten alle Brücken, um nicht verfolgt zu werden, und zerstreuten sich dabei so außerordentlich, daß viele Haufen von ihnen nicht eher als am Rheine halt machten; denn immer glaubten sic den König hinter sich zu haben. Alle deutschen Völkerschaften, groß und klein, ohne Rücksicht aus Partei und eigenen Vortheil freuten sich dieses Sieges über die Franzosen, den man als einen Triumph des Vaterlandes ansah. Diese Stimmung äußerte sich allenthalben, selbst auf dem Schlachtfelde. Ein preußischer
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