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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 117

1910 - München : Oldenbourg
72. Die Ehrenämter des Bürgers. 117 und die Bestreitung des Uferschutzes der öffentlichen Flusse. Die Beschlüsse und Anträge des Landrates werden vom Könige durch den Landratsabschied verbeschieden. Durch geheime und direkte Wahl der wahlberechtigten bayerischen Staatsbürger erfolgt die Berufung zu den Ehrenämtern der Abgeordneten in den Landtag (Kammer der Abgeordneten). Diese Bereinigung, welche das Wohl der Bevölkerung des Landes gegenüber der Staatsregierung wahr- nimmt, sucht mit dieser und der Kammer der Reichsräte das Gesamt- wohl aller Einwohner zu fördern. Die Beratung und Zustimmung der Volks- vertretung ist zu allen Gesetzen erforderlich, zur Erhebung der direkten und Mehrung oder Änderung der indirekten Steuern. Auch hat dieselbe das Recht Vorschläge zu neuen Gesetzen, Wünsche und Anträge sowie Beschwerden der Staatsbürger oder Gemeinden zu prüfen und unter Stellung eines Antrages vor den Thron zu bringen. Mit dem vollendeten 25. Lebensjahre erreicht jeder Staatsbürger die Befähigung sich an der Wahl der Reichstagsabgeordneten zu beteiligen. Dem Reichstage kommt die Vertretung der Reichsbevölkerung gegenüber dem Bundesrate zu. Außerdem obliegt ihm auch die Beratung der Reichs- gesetze, die Genehmigung der Zölle und indirekten Steuern (auf Rübenzucker, Salz, Tabak und Branntwein, Wechsel- und Spielkartenstempel u. s. w.). Damit die Staatsregierung die Wünsche des Handels- und Gewerbestandes kennen lernt und über die Lage von Handel und Gewerbe unterrichtet ist, bestehen Handelskammern. Diese Kammern werden von den Kaufleuten und von den Jndustrietreibeuden einzelner Bezirke oder größerer Handelsplätze gewählt und haben die Aufgabe die Angelegenheiten ihrer Wähler zu vertreten. Die Handelskammern trachten inbesondere danach die Wünsche des Handels- standes in Bezug auf Post, Telegraphie, Eisenbahn- und Zollwesen u. dgl. kennen zu lernen und der Staatsregierung zu übermitteln. In bestimmten Fällen werden auch Sachverständige aus dem Handelsstande als Beisitzer zu den Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten gewählt. Sie haben in diesen Fällen alle Rechte und Pflichten richterlicher Beamten. Neben der Sorge für den Handel obliegt den Handelskammern auch die Förderung der Industrie. Daneben wahren die Handwerkskammern die Interessen des Handwerkes und der Gewerbetreibenden. Auch in der Rechtspflege tritt an den Bürger die Verpflichtung heran mitzuwirken. Für minder wichtige Strafsachen bestehen an den Amtsgerichten die Schöffengerichte. Alle Jahre wird aus den im Amtsgerichtsbezirke wohnenden Bürgern, welche eine gewisse Steuer zahlen, eine bestimmte Zahl für ein Jahr als Schöffen ausgelost, wovon immer zwei mit dem Amts- richter die gerichtlichen Entscheidungen zu treffen haben. Sie sprechen sich mit demselben darüber aus, ob der Angeklagte eine bestimmte Tat begangen hat und ob und wie er zu bestrafen sei. Zur Ahndung schwerer Verbrechen treten bei einzelnen Landgerichten zu bestimmten Zeiten die Schwurgerichte zusammen, welche aus rechtskundigen Richtern und den aus den Bürgern gewählten Geschworenen bestehen. Zu jeder Schwurgerichtssitzung werden dreißig Geschworene ausgelost und von diesen zwölf zur Hauptverhandlung bestimmt. Sie haben im Gegensatz zu den Schöffen bloß über die Schuldfrage mit „ja" oder „nein" zu entscheiden.
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