1910 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Moller, J., Loeßl, Vinzenz, ,, Zwerger, Fr.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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101. Rohstoffe aus dem Tierreiche.
sind, bringt man sie in einen Kessel mit Wasser, unter dem ein mäßiges
Feuer unterhalten wird und neben welchem ein Seidenhaspel steht. Das
Abhaspeln der Seidenfäden ist eine schwierige Arbeit, welche große Sorg-
falt erfordert und in vielen Städten in besonderen Fabriken (Filatorien)
betrieben wird. Durch Schlagen der Kokons in dem Kessel mit einem
Besen von Birkenreisig werden die Anfänge der Fäden gefunden, wobei
ein Teil als Flock- oder Florettseide in dem Reisig hängen bleibt. Die
Hasplerin vereinigt nun 3—8, mitunter auch bis 20 Kokonfäden und
führt sie durch gläserne Ringe oder Fadenleiter über einen Fadenführer auf
den vier-, sechs- oder achtarmigen Haspel. Der wagrecht hin- und hergehende
Fadenführer hat den Zweck, die noch klebrigen Fäden nebeneinander aus
den Haspel zu legen und deren Zusammenkleben zu vermeiden. Die Güte
der Seide hängt hauptsächlich von der Sorgfalt des Abhaspelns ab; nun
erst kommt das Zwirnen oder Filieren der aufgehaspelten rohen Seide.
Die Abfälle, welche bei dem Abhaspeln der Kokons als Florettseide
entstehen, verspinnt man in besonderen Spinnereien zu Seidengarn,
welches unter dem Namen Schappe vorkommt und entweder als reines
Seidengarn oder mit Wolle vermischt zu Tüchern, Decken, Möbel-
und Kleiderstoffen verwendet wird.
In den Seidenfärbereien werden die einzelnen Strähne, nachdem sie
gefärbt, gewaschen und ausgewunden sind, bis zu einem gewissen Grade
gestreckt. Durch das Strecken auf Streckmaschinen gewinnt die Seide
nicht nur an Glanz sondern auch an Dauerhaftigkeit.
Die Seide stammt bekanntlich ans China. Obwohl sie schon im frühen
Altertum viel geschätzt und begehrt wurde, kannte man doch den Ursprung
derselben nicht und glaubte, daß sie auf Bäumen wachse. Erst im 6. Jahr-
hundert gaben griechische Mönche Aufklärung und holten aus China
Eier der Seidenraupe, die glücklich im Dünger ausgebrütet wurden. In
Griechenland betrieb man eine geraume Zeit Seidenbau und Seidenweberei,
deren Erzeugnisse die Venezianer in Europa einführten. In der Folge
kamen Seidenwürmer nach Sizilien und Unteritalien, von wo aus nun die
Seidenkultur sich rasch über Süd- und Mitteleuropa verbreitete. Paum.
101. Rohstoffe aus dem Tierreiche.
Im Körper der Tiere findet sich eine Reihe von Stoffen,
welche für das gewerbliche Leben von hoher Bedeutung sind.
Die Knochen bestehen aus der Knochenerde (phosphor-
saurem Kalk) und leimgebendem Knorpel. In den durch letzteren
gebildeten Zellen lagert sich der Kalk ab, welcher den Knochen
Festigkeit verleiht. Wenn man die Knochen unter Luftzutritt