1910 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Moller, J., Loeßl, Vinzenz, ,, Zwerger, Fr.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
388 195. König Ludwig I.
nicht einmal, was ein Omnibus ist; und wie erleichtert nicht schon diese
Einrichtung den Verkehr!
Eisen- und Pferdebahnen sowie elektrische Bahnen durchziehen
heutzutage die Straßen der Hauptstädte und verbinden die äußersten
Vorstädte mit dem Mittelpunkt. Du ersparst das Geld für eine Droschke,
zahlst kaum ein Fünftel des Fahrpreises für eine solche und fährst auf
der Straßenbahn ebenso bequem, ja oft noch bequemer. Du bist nun
auf dem Bahnhof und kehrst aus der Fremde in die Heimat zurück.
Wie schnell ist die Fahrkarte genommen, der Koffer gewogen! Und nun
fliegst du dem Ziele zu. Deine Mutter braucht ebensoviel Zeit, unterdessen
dein Lieblingsgericht zuzubereiten, wie du zu deiner Heimreise. Dein
Schwesterchen sieht beständig nach, der Uhr; denn es will dich von der
Bahn abholen und kann deine Ankunft auf die Minute berechnen; steht
doch dies alles in Büchern gedruckt, gehen und kommen doch die Züge
mit der äußersten Genauigkeit. Und sonst? — Da saß man in der
schwerfälligen Postkutsche eng und dicht zusammengepreßt. Schien die
liebe Sonne zur Sommerszeit recht warm hernieder, so keuchten die
Pferde auf sandigem Wege dahin; regnete es, so konnten sie die Hufe
kaum in dem Lehmgrunde fortbewegen, denn ach! die Kutsche war ja
meist schwer bepackt. Bei Frostwetter dagegen hieß es: „Die Pferde
stürzen, es ist Glatteis." Nur langsam kam man vorwärts. Dies alles ist
anders geworden; und obgleich die älteste Eisenbahn in Deutschland erst
seit dem Jahre 1835 die Städte Nürnberg und Fürth miteinander ver-
bindet, so führt doch schon jetzt in unserem lieben Vaterlande fast nach
jeder kleineren Stadt, ja nach zahllosen Dörfern eine Bahn. Eifenstraßen
ziehen jetzt über die Höhenzüge der Alpen durch Steiermark und Tirol
nach Italien sowie durch deu St. Gotthard, den Simplón, auf den Rigi,
die Jungfrau u. s. w. Man kann heute von dem westlichen Ende Europas,
von Lissabon, unmittelbar nach dem fern im Osten liegenden Konstantinopel
in derselben Zeit kommen, welche man früher brauchte um von Berlin
nach Leipzig zu reisen. Wahrlich, gewaltige Veränderungen in einem
halben Jahrhundert! Nach Otto.
195. König Ludwig I.
1825—1848.
Eine der hervorragendsten Fürstengestalten auf dem bayerischen
Thron ist König Ludwig I.; in ihm hat Bayern seinen größten König,
das deutsche Volk einen seiner edelsten Söhne und Vaterlandsfreunde,
die ganze gebildete Welt einen eifrigen Beförderer und Schirmherrn der
bildenden Künste zu verehren.