1913 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Moller, J., Loeßl, Vinzenz, ,, Zwerger, Fr.
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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129. Der Ton und stine Verwendung.
Die aus Ton hergestellten Waren kann man einteilen in Tonwaren mit
verglastem, nicht Porösem und in solche mit wenig oder nicht gesintertem,
porösem Scherben (Grundmasse). Der Scherben der ersteren ist auf dem
Bruche dicht und glänzend, undurchlässig für Gase und Flüssigkeiten. Zum
Brennen bedarf er einer hohen Temperatur. Ist die hergestellte Ware weiß,
so heißt sie Porzellan. Dieses wird gewöhnlich noch mit einer Glasur über-
zogen und dann als „echtes" bezeichnet. Unglasierte, weiße Ware nennt man
Biskuit. Wenn aber dieselbe mehr oder weniger gefärbt ist und ohne oder
mit Salzglasur gebrannt wird, gibt man ihr den Namen Steinzeug. Der
Scherben der nicht gesinterten Tonwaren ist auf dem Bruche matt, erdig,
durchlässig für Gase und Flüssigkeiten. Seine Temperatur ist niedriger als
bei den verglasten Waren. Fayence oder Steingut ist fast weiß bis grau
oder gelblich, das ordinäre Töpfergeschirr stark gefärbt. Die Glasur, welche
hier notwendig ist um die Gefäße undurchlässig zu machen, schmilzt niedriger
und enthält fast immer Bleiglas. Unglasiert sind die porösen Tonröhren,
Tonpfeifen, feuerfeste Ziegel, Ziegelsteine.
Die beiden Gruppen sind nicht scharf zu trennen. Nach der Verwendung
könnte man die Tonwaren einteilen in Gefäße (Geräte, Schmucksachen) und
Baumaterialien.
3. Das Porzellan ist die edelste der Tonwaren. Es ist härter als Glas
und Stahl und viel widerstandsfähiger gegen Temperaturwechsel und gegen
chemische Einwirkungen als Glas. Man stellt es aus Kaolin her und setzt
demselben je nach seiner Beschaffenheit mehr oder weniger Feldspat und
Quarz zu als Flußmittel. Die Mischungsverhältnisse sind immer bestimmten
Brenntemperaturen angepaßt und werden für ein und dasselbe Porzellan
möglichst festgehalten. Je weniger Flußmittel neben Kaolin vorhanden sind,
desto schwerer ist Porzellan zu brennen, aber desto widerstandsfähiger wird
es namentlich gegen Temperaturwechsel.
Bei der Verarbeitung wird das Kaolin geschlämmt. Die Mischung wird
durch öfteres Umpumpen aus einem Gefäß in ein anderes zu einer sehr
innigen gemacht. Der abgepreßte Brei wird durch Schlagen, Treten und
Kneten von Luftblasen befreit und gedichtet. Verunreinigung von Eisen und
Staub sucht man möglichst zu vermeiden. Zuweilen läßt man die Masse
noch monatelang im Wasser stehen und „faulen", auch wohl frieren, wodurch
die Ausschließung unzersetzter Stosse (Doppelsilikate) befördert und die Bild-
samkeit erhöht wird.
Das Formen der Masse ist wegen ihrer verhältnismäßig geringen Bild-
samkeit schwieriger als bei anderen Tonwaren. Das Hauptwerkzeug des
Formers ist die Töpferscheibe, eine wagerechte Drehscheibe, welche durch die
Füße, seltener durch Maschinenkrast getrieben wird. Auf dieser werden runde,
auch wohl ovale Gefäße (auf elliptisch rotierenden Ovalmaschinen) mit freier
Hand und mit Zuhilfenahme von Streichplatten (Schablonen) aus Messing
mit dem Profil des zu formenden Gegenstandes angefertigt. Man formt