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1. Lesebuch für Gewerbliche Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 393

1913 - München : Oldenbourg
190. Wien. 393 strömt, aber im Laufe der Zeit zu einem reizenden Gemisch von Wiese und Wald, von Park und Tummelplatz, von bewegtestem Leben und stillster Einsamkeit geworden. Viele Wiener mag es geben, welche die Schönheiten ihres Praters nicht kennen, wenn er auch noch so besucht ist; denn so betäubend das Gewimmel an einigen Stellen, so einsam ist es an anderen; man könnte wähnen, wenn man die Wiesen und Ge- hölze entlang schritte, müsse man eher zu einer stillen Meierei gelangen als zu der riesenhaften Residenz einer großen Monarchie; aber gerade die riesenhafte Residenz braucht einen riesenhaften Garten, in den sich ihre Bevölkerung ausgießt und der doch noch Teile genug leer läßt für den einsamen Wanderer und Beobachter. Eine Stadt wie Wien muß man auch von außen überschauen. Den schönsten Überblick derselben genießt man vom Wiener Berge aus. Aufgetan vor unseren Augen liegt die Tiefe wie ein Tempel, über dem sich der blaue Himmel als Decke wölbt. Glänzend und funkelnd breitet sich die Stadt aus; ihr zur Seite schimmern die Silberfluten der Donau und die grünenden, blühenden Anen; die Ferne umfaßt ein Alpengurt und an den näheren Bergen hängen Wälder wie grünes Moos. Man übersieht die Residenzstadt mit einem Blicke in ihrer ganzen Herrlichkeit und Pracht, man sieht sie in der Fülle ihres Lebens. Und dies ist ganz bedeutend. Sieben Bahnen, deren Schienen- stränge mit ihren weitverzweigten Ausästungen alle Teile des Reiches durchziehen, münden in Wien. Daneben herrscht auf der Donau und dem Donaukanal reges Leben. Denn die Stadt bildet den Mittelpunkt des Handels, von dem aus sich der Warenverkehr im Innern der Monarchie entwickelt und insbesondere die Mode- und Luxusartikel be- zogen werden. Auch im Auslande hat sich die Wiener Industrie be- deutende Absatzgebiete erobert. Im Verein mit den Vororten fabriziert Wien alle Arten von Baumwollwaren, Seidenzeugen, Gold- und Silberarbeiten. Schlosser-, Galanterie- und Tischlerwaren, feuerfeste Kassen und Schränke, Wagen, Klaviere, Handschuhe u. s. w. Aus- gezeichnet ist auch die Bierbrauerei. Mächtig entwickelt sich das Geld- und Kreditwesen, dessen Mittelpunkt die Börse ist. Dabei herrscht in der schönen Donaustadt Frohsinn und heiteres, geselliges Leben; denn sie ist auch der Sammelpunkt der gesellschaftlichen Kreise des ganzen Landes. Zugleich ist Wien der politische und durch seine groß- artige Universität der geistige Mittelpunkt der gesamten Monarchie.
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