1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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fried war dazu bereit, richtete aber mit seiner ungeheuren Stärke so
viel Unheil an, daß ihn der Meister gern wieder los gewesen wäre.
Bald zerschlug der starke Knabe nämlich den Hammer, womit er
schmieden sollte, bald mißhandelte er die Gesellen, wenn ihn diese als
einen Lehrling necken wollten. Zuletzt sagte der Meister, um den
wilden Burschen zu verderben: „Nun so schmiede dir denn ein Schwert,
und M.che die Probe damit an dem Lind wurme dort im Walde."
Siegfried war froh und schmiedete, daß das Haus erdröhnte, und
daß die Gesellen vor Furcht fortliefen. Als das Schwert vollendet
war, sprang er hoch vor Freude und ließ sich von dem Meister den
Aufenthalt des Ungeheuers zeigen; aber mitgehen wollte niemand.
Bald traf der junge Held auch wirklich auf eine Quelle*), woraus
er seinen Durst zu löschen gedachte, die aber von dem Lindwurm
schon besetzt war. Der Kampf dauerte nicht lange; bald lag der
Kopf des Wurmes vor Siegfrieds Füßen, und das Blut rann in die
Quelle hinab. Da bekam Siegfried Lust, sich in diesem Blute zu
baden und siehe, von dem Bade wurde seine Haut so fest wie Horn.
Kein Pfeil, kein Schwert konnte eindringen, ein einziges Plätzchen
zwischen den Schultern ausgenommen, worauf beim Baden ein Linden-
blatt gefallen war. Dort blieb er verwundbar, und dort wurde er
später auch wirklich zum Tode getroffen.
Siegfried kam nämlich später nach Worms, um den dortigen
König, seinen Schwager, zu besuchen. Die Königin zu Worms war
aber neidisch auf ihre Schwägerin, die den starken Siegfried zum
Manne hatte, und dadurch reich an Ehren und Schätzen war. Des-
halb reizte sie einen ihrer Ritter, Namens Hagen, an, Siegfried
meuchelmörderisch umzubringen. Weil dieser aber den Fleck nicht
wußte, wo man den Helden verwunden konnte, so ging er zu dessen
Gemahlin und spiegelte ihr vor, er wolle den Helden im Kriege be-
schützen. „Sagt mir nur," sprach er, „wo Siegfrieds Haut nicht
hörnern ist, dann will ich beständig Acht geben, daß ihn dort keine
Lanze und kein Pfeil treffen kann." Die zärtliche Frau ließ sich be-
thören, entdeckte ihm das Geheimniß und nähte sogar ein rothes
Kreuzchen über das Plätzchen in Siegfrieds Kleid. Nun wurde eine
große Bären- und Eberjagd im Walde zwischen Worms und der
Bergstraße gehalten, und als Siegfried recht durstig sich nach einer
Quelle bückte, stieß ihm der Mörder eine Lanze an dem rothen Kreuz-
chen in den Rücken, und Siegfried wurde als Leiche nach Worms ge-
bracht. Sein Mörder und alle, die um die schändliche That
wußten, fanden aber später ihren Lohn. Andere Helden rächten Sieg-
fried's Tod.
') Der Sage nach seitwärts von Worms an der Bergstraße.